Donnerstag, 24. Januar 2008

die helle münze


„Alles fällt ins Licht.“
M. McIron


Nach den Überlieferungen teilte Gott Abraham, dem Vater aller Väter, seinen Willen mit.
So wurde es tradiert und mit schwarzen Zeichen auf weißem Grund festgeschrieben.

An diesem mütterlichen Rockzipfel halten sich alle fest, nicht nur Moslems, sondern auch Juden, Christen und all die anderen Glaubenssüchtigen. Die Familie Abrahams teilte sich danach in Flüsse und Landschaften von Generationen. Die Söhne und Töchter gingen fortan eigene Wege. So wie es sein soll.

Nach Jahrhunderten der Zwietracht, der Missverständnisse, der Ausrottungsfeldzüge, des Zanks, aber auch des zeitlich begrenzten Einvernehmens, sitzen sie wieder oder immer noch an einem Tisch und kommen nicht voneinander los.

Sie alle haben in den vergangenen Jahrhunderten in religiösen Visionen, weltlichen Idealen, individuellen Wertvorstellungen und Offenbarungstexten versucht, die geflüsterte Überlieferung aus dem Schnürboden des Welttheaters zu entschlüsseln und den Cantus des Erhörten der hungrigen Menge als Brot der Erlösung zu verkünden.

Organisiert in staatlichen oder religiösen Unternehmen, waren sie fromm und frei angetreten, das heilige Wort mit dem Siegel der Offenbarung fälschungssicher und profitabel zu übertragen.

Nun am Beginn des neuen Jahrtausends sitzen sie als Eiferer und Verfechter der heiligen Schriften beieinander, jedoch nicht als Söhne und Töchter, nicht als Geschwister eines Zweiges am Stammbaum der Erkenntnis, sondern sie sitzen sich waffenstarrend als Feinde gegenüber, sichtbar für alle Welt, rachesüchtig, von Angesicht zu Angesicht.

Unvereinbar, teilen sie die Welt in gut und böse, in Gläubige und Ungläubige, jeder brüllt tötet sie.

Der Islam sagt, keiner ist größer als Gott. Die Christen und die Juden glauben an den Messias, für die einen war er schon da, für die anderen kommt er erst noch, aber erst, wenn die Schwestern und Brüder vom Tempelberg vertrieben sind, die, die da sagen, er kommt sowieso nicht, denn keiner ist größer als Gott. Und der kommt nie und nimmer, sagen sie, da könnt ihr lange warten, denn er ist und war schon immer da.

Und dann gibt es noch die Hindus, die geizen sowieso nicht mit Göttern, die haben gleich Millionen, für jeden Affen und jedes Sandkorn einen. Die Buddhisten halten sich aus dem Gemetzel um die Götter ganz heraus, züchten weder Glauben noch Götter, entschuldigen sich mitfühlend und höflich, entschwinden blinzelnd ins staubfreie Vakuum.

Gottes Sohn – ein Wesen nach seinem eigenen Bilde - wurde in der jüdisch-christlichen Tradition als Rettung der Welt erschaffen, ein fleischliches Sinnbild für Erlösung aus dem Pfuhl der Nacht.

Dieses Bild kennt die Islamische Gemeinde nicht. Allah hat kein Ebenbild auf Erden. Das einzige Erlösungsbild, dass die Familie der Muslime kennt, ist die freie Hingabe und Unterwerfung an jenen, der kein Abbild ist.

In langen Reihen der Geschlechter selbstsüchtig angelegt, wirkt der Eifer hochexplosiv, verroht im Schrei von Schuld und Rache. Im einfachen Menschen, fernab der Ideologien, ruft die Hingabe  an das Erhabene im Leben seit Jahrhunderten ein tiefes Mitgefühl für das andere, das eigene, noch unbekannte Leben hervor. Aus der Tiefe der Raumes wird es aufsteigend, mit Stift, Farbe und Ton herrlich weiblich, lebensfroh aufs Blatt geworfen.

Seit den 2 Vernichtungskriegen im 20. Jahrhundert sitzen sie seit 1948 wieder einmal an einem Tisch, sind unfreiwillig Nachbarn in der heiligen Stadt.

Jerusalem, einen Steinwurf entfernt.

Die politischen Stromkabel aus aller Welt liegen dort als spirituelle Versorgungsleitung zu den Seelen ohne Isolierung um den Tempelberg neben und untereinander, manchmal sogar deckungsgleich übereinander. Jeder kann diesen Ort als Reisender aufsuchen und für Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre oder gar sein ganzen Leben unmittelbar an diesem dramatischen Schauspiel betend wie  hilfesuchend teilnehmen.

Jeden Tag zeigt sich dieser Leib der Materie der Welt mit all seinen Wunden.

Es sind nicht nur Bomben, die dort um den Leib geschnürt auf Marktplätzen und Wohnsiedlungen von Racheengeln gezündet werden und vor den Bahnhöfen und in den Wartesälen der Seele in Autobomben, Stadtbussen, Geheimdiensten und Gehirnen explodieren.

Ein weit zurückliegendes, weithin strahlendes Ereignis wirkt unmerklich wie himmelschreiend im gesamten Organismus der Erde.

Seit Jahrmillionen von Jahren.

Der Eintrag ins Quartheft.

Der Zerstörungskraft des Krieges ist nicht die Quelle, die den widerstreitenden Geist in der Lebensmaterie der Hirne aufzulösen, friedlich beizulegen und zu versöhnen vermag.

Die Sänger, Handwerker, Nomaden und Sternendeuter haben den unerhörten Lichtsatz "tötet den Tod" poetisch an das menschliche Herz überliefert, ihn damit von außen nach innen verlagert, vom rohen Überlebenskampf der Natur in den Aufwärtsgang der Menschwerdung.

Die animalische Religion, das litaneienhafte Nachbeten wie die zwergenhafte Gesetzgebung, die den Tod als ewigen, unerbittlichen Erlass des Universums festschreibt, dieses Schwarzschild des Sapiens, hat den hellen Ton der stillen Post offensichtlich falsch notiert auf dem irdischen Notenblatt und über die Jahrhundert in ein unbewusstes Betriebssystem von „tötet das Leben“ katastrophal übersetzt.

Das offene Geheimnis wird sich zu Füßen der Berge, Flüsse und Städte erneut kenntlich machen, diesmal jedoch nicht für einen einzelnen, sondern öffentlich für alle, nicht als explosive, für den Menschen Elend und Leid bringende, sondern als Quelle eines seelisch begabten Wesens, Mensch, der wir alle schöpferisch sind.

Eine poetische Kraft wird auf der Bühne des Lebens wirksam, eine Begabung, die den Konflikt der Unvereinbarkeit der Gegensätze helfen wird besser zu lesen, einen Streit, der sich Jahrtausende mit dem Ruf des Krieges, tötet das andere Leben, nicht lösen lies.

Ein einfaches Wort ist es, ein blutjunger, kaum zu vernehmender Laut aus dem Anfängen der Welt fällt aus den Mündern. Es ist nur eine Silbe, die beglückt aus den wassergrünen Kehlen fließt."

„Nimm teil am Unteilbaren. Schöpfe Mensch.“ J.G:


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überaus

 still ein blatt im wind   ©   by  J. G: