Freitag, 24. März 2017

creamus ergo sum I.

Unveröffentlichter Vortrag von Johann van der Loewen im Club of Rome im Jahr 1999

Meine Damen und Herren,
Würde und Kreativität des Menschen sind unantastbar.

Aus ihnen schöpft der Mensch seine individuelle Begabung und trägt damit bewusst seine Mitverantwortung für die Einheit und Vielfalt des Lebens.


„O Gott welch ein Augenblick...“
Leonore nimmt Florestan die Ketten ab.
aus: Fidelio, L. van Beethoven


Die Wirtschafts- und Währungsunion Europas steht am Beginn dieses Jahrhunderts vor einer weiteren Herausforderung.

Die Kommunikationswelt der Globalität verlangt nach einer Neugestaltung des sozialen Zusammenlebens. Wie die Einführung einer gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsunion braucht Europa für das freie Zusammenleben der Menschen eine neue Währung des sozialen Zusammenlebens, eine neue Bildung.

Die Prägung dieser gemeinsamen Währung und hohes Bildungssiegel Europas hat zwei einträgliche Seiten:

- die halbe Klasse in den Bildungseinrichtungen
- Verankerung von Kreativität als Freiheitsrecht in der europäischen Verfassung

Meine Damen und Herren,
Der Weg zu mehr Sicherheit und Wohlstand in Europa führt über das Freiheitsrecht der Kreativität.

Die damit einhergehende Differenzierung subjektiver Begabung in den neuzuschaffenden Bildungseinrichtungen, wird kreative Kräfte und Wissensressourcen freisetzen, die für ein globales Zusammensein in Frieden und Freiheit im 21. Jahrhundert erforderlich sind.

„sieht jeder das Ganze, sind wir in der Musik“ M. McIron

Die Anstrengungen zur Realisierung dieser Währung wird die nächsten Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Meine Damen und Herren,

Realisiert Europa diese pragmatische Vision, so steht dem gemeinsamen Haus eine Belle Epoche bevor. Sie stellt nicht nur ein neues wirtschaftliches Wachstum in Aussicht, sondern ebenso eine soziale Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft sowie eine kreative Entfaltung des Individuums in seiner schöpferischen Begabungsverantwortung.


„So ist das Geld zwar erste Substanz,
jedoch nicht ursprüngliche Kraft eines wirtschaftlichen Unternehmens.“ J.G:


Diese Vielfalt an Begabungen und die daraus entstehende Verantwortung des werdenden Menschen für sich selbst und die Gemeinschaft ist die Basis jedes wirtschaftlichen und sozialen Reichtums.

Kreativität ist das Freiheitsrecht des 3. Jahrtausends, das Grundrecht eines jeden Menschen.

„Anstelle von Heimat
hatte ich die Verwandlungen der Welt“
Nelly Sachs

Umso mehr gilt dies in einer Zeit, dass man Kommunikationszeitalter nennt. Für die private wie gesellschaftliche Gestaltung einer globalen Wissensgesellschaft braucht der Mensch die demokratisch verfasste Garantie dieses Freiheitsrechts. Der verfassungsmäßige Zugang zu dem Freiheitsrecht der Kreativität erwirkt die Ermutigung und die Aufforderung Begabgungsverantwortung jedes einzelnen Individuums über den Bildungsweg einzubinden in den sozialen und politischen Gestaltungsprozeß der Gesellschaft.

Meine Damen und Herren,

Dieses Freiheitsrecht, in einer gemeinsamen europäischen Verfassung festgeschrieben, wird helfen die Grundrechte des Menschen in Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit im 21. Jahrhundert weiter zu verwirklichen und damit die Würde des Lebens Schritt für Schritt einzulösen.

„Wach auf! Wach auf!
Du Schläfer des Schattenlandes, erwache, dehne dich.“
W. Blake

Europa erhält mit der Realisierung einer gemeinsamen Bildungswährung die historische Chance, das Freiheitsrecht der Kreativität als sozialen Anlagewert einer neuen, globalen Ethik im Dialog der Kulturen zu etablieren.

Die „Würde“ ist die säkularisierte Form der Erhabenheit, der „Göttlichkeit“ des Lebens. Ein Ringen der Natur wie des Menschen, in aller Vielfalt, nach dieser Freiheit.

„Alles, was in der Welt der Elemente wirklich existiert,
sendet in alle Richtungen Strahlen aus, die die gesamte Welt erfüllen.“
Al Kindi 9. Jahrhundert

Es ist das gesamte Unternehmen Leben, an dem der Mensch teilnimmt, das ihm diese aufrechte Haltung abverlangt.

Meine Damen und Herren,

Halber Stein, weniger Druck, mehr Höhe.

Dies ist eine einfache Formel aus dem Handwerk der mittelalterlichen Bauleute. Erworben haben die Handwerker diese Erkenntnis im Übergang von der romanischen in die gotische Bauweise.

Wenden wir dieses Wissen der baulichen Handwerkskunst an, übertragen sie kommunikativ als Grundriss auf die wertbaren Bildungsgänge, halbiert sich auf diesem architektonischen Flussbett das quantitative Maß der gesellschaftlichen Arbeit, es wird allgemein weniger Verwaltungsdruck notwendig sein und in der Folge wird dieser Grundriss zu mehr Selbstverantwortung der einzelnen Teilnehmer führen. Als wirtschaftliches Ergebnis erreichen wir durch diese kreative Wachstumsformel eine hochwertige Anhebung des allgemeinen Niveaus, da mehr Zeit und Muße für das soziale Miteinander zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren,
Die seit der Aufklärung in den demokratischen Verfassungen auf den Menschen übertragene „Würde“ des Souveräns bleibt ohne das Freiheitsrecht der Kreativität historisch wie individuell unerfüllt.

Da es heute evident ist, das alles mit allem verbunden ist, nimmt der Mensch in der Tiefe seiner Lebensphysik teil am Unteilbaren, in seinem individuellen Maßstab teil am inneren Zusammenhang des Lebens.

Meine Damen und Herren,
Diese jeden Tag sich aktualisierende Lebensphysik, das pulsierende Wissen von Zusammenhängen, das ist das Gold, das Öl, die Energie, das ist das integrale Wissen, der neue Kontinent, der tragende Baustein des Jahrtausends, den es gemeinsam zu bergen und miteinander zu kommunizieren gilt.

"Nie ist Wissenschaft anders entstanden
als durch poetische Anschauung."
Emerson

Da Materie und Bewusstsein äquivalent sind, sind die Kohärenzen nicht nur molekularbiologisch für den weiteren Fortgang der Evolution von enormem Gewicht, sondern sind ebenso von mentaler und damit psychologischer Bedeutung für das soziale Zusammenleben.

„In der Tiefe ihrer selbst weiß die Materie schon vor allem,
dass sie am Leben bewusst wird, ohne jeden Zweifel“

Johan van der Leeuwen


Um das Wissen der neuen Lebensphysik effektiv in der Breite einer Allgemeinbildung zu fördern ist eine souveräne Geste politischen Verwaltung erforderlich.

Ähnlich wie in der technologischen Entwicklung der Kommunikationsindustrie wird sich die kreative Lernleistung durch die mathematische Halbierung der Anzahl der jungen Menschen in den Klassen potenzieren.

Eine einfache mathematische Rechnung, die sich in einer effektiven Förderung von individuelles Begabung, kommuniziertes Wissen und persönlicher Verantwortung auszahlen und langfristig zu einem nachhaltigem sozialen wie wirtschaftlichem Wachstum führen wird.

Die neue Lebensphysik verlangt nach einem öffentlichen Lebenszeichen, verlangt nach einer neuen Lernarchitektur, nach mehr Kreativität, unnachgiebig nach mehr humaner Prosperität in den wirtschaftlichen wie sozialen Beziehungen.

„...aber der Baum und das Kind suchet,
was über ihm ist“ Friedrich Hölderlin

Meine Damen und Herren,
Um diesen sozialen wie wirtschaftlichen Reichtum zu einzuleiten, zu entwickeln und letztlich als Gewinn für die Gesellschaft zu verbuchen, ist vorerst nur eine einzige formale Voraussetzungen zu erfüllen: eine Halbierung der Schulklassen.

Durch diese strukturelle Veränderung der Lernarchitektur wird es den Lernpartnern ermöglicht, die hochwertige Wissensressource des 3. Jahrtausends, das Wissen von Zusammenhängen, von innen nach außen zu fördern

Der Mensch wird über die verfassungsrechtliche Aufnahme der „Kreativität“ in einer europäischen Charta aufgefordert, die Würde des Menschen in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit mit einem hohen Maß an kreativer Begabung wie Verantwortung einzulösen.

Meine Damen und Herren,
Würde verlangt nach Kreativität. Sonst ist sie nicht souverän.

Durch diesen grundlegenden Bildungsschritt erhält der Mensch rechtlich die Möglichkeit der Selbstverantwortung für sich und seine Mitwelt übertragen.

Diese Verantwortung kann er jedoch nur wertbar für sich selbst und die Gemeinschaft ausfüllen, wenn öffentlich begrüßt, erwünscht und gefördert wird, dass das Individuum die Würde des Lebens in seinen Begabungen kreativ entwickelt und in entsprechenden Sozialformen des Zusammenlebens frei einbindet.

Die Position des Menschen als „Mitschöpfer“ verlangt einen Richtungswechsel in der Didaktik wie in der Methodik der Wissensförderung: von Innen nach Außen.

Der Mensch ist begabt aus sich selbst heraus zu schöpfen, so wie die gesamte Evolution seit 4 Milliarden Jahren aus ihrer inneren Lebensphysik kreativ schöpft und in einer aufsteigenden Reihe immer wieder neue, höhere Lebensformen hervorbringt.

Diejenige Wirtschaftsgemeinschaft, die sich im 21. Jahrhundert in der Lage zeigt, das Wissen von Zusammenhängen zum Wohle des einzelnen Menschen wie der Gemeinschaft von innen nach außen kommunikativ zu fördern, wird sozial prosperieren und wirtschaftlich wachsen.

Meine Damen und Herren,
Der Durchbruch in diese neue, globale Wirtschaftszone des Planeten, über den erreichten Ereignishorizont hinaus, hinein in einen Raum sozialer Potentialität, schöpfend aus „alles ist mit allem verbunden“, hinein in das Fortschreiten eines globales Zusammensein, hinein in eine neue Epoche humaner Evolution, all dies lässt sich im 21. Jahrhundert nicht mehr aus einem die inneren Zusammenhänge ignorierenden Denksystem, aus einem ausschließlich rationalen Geist und seiner Wachstumsformel Geld heraus beobachten, managen und vermarkten.

In dem neuen Ereignisfeld globalen Zusammenseins lässt sich dies alles nur wertbar fördern, entwickeln, gestalten, bewirtschaften und leben, wenn dieser integrale Informationswert des Lebens, wenn die mentale Kohärenz der inneren Lebensphysik, wenn dieser Lichtsatz als innere Wissensquelle breiten Einfluss findet in dem allgemeinen Bildungsprozess des Lebens.

„... damit das innere Licht dem äußeren entgegentrete.“
J. W. v. Goethe

In dieser Ausdehnung und Vielfalt präsentiert sich Lebensmaterie völlig neu, physisch bewusst, lebendig und in Vielfalt ungeteilt.

Meine Damen und Herren,
schenken sie zum Schluss des Vortrages ihre Aufmerksamkeit den Worten eines 11 jährigen Schülers, der sich mit seinem schulischen Scheitern am Gelingen der Welt versucht:

M. Seehase, 11 Jahre: Wissen sie, dass das Leben einen höheren Sinn hat?“
Lehrer: „Ja. Und was fangen wir damit an?“
M. Seehase: 11 Jahre: „Schöpfen“.

© J.G:

so spät noch

Monsieur,  kommen sie herein mein Atelier steht ihnen offen ach ja das große Bild bin noch nicht ganz fertig ihren Brief habe ich gelesen si...