Freitag, 4. Dezember 2015

bei null


„In den Straßen ein beiläufiges Gewirr aus Lineal und Ausschreitung, ein gottverlassener Aufruhr aus Beinen und Bäuchen, eine meisterhafte Flut von Begehr und Nachlass. Dann ein Schlag, eine tiefe Kerbe im Fels. Urkunde aus mundloser Zeit.

Ein Schlag mit dem Huf.
Setzt alles sich in Bewegung.
Unheimliches Jetzt.

Eine Sekunde vorher noch steht alles still, lautlose, kümmerlich, verlassenen, ausgetrocknet, ödes Grasland tuschelt tonlos im Grundrauschen aus fernen Welten, dort drüben zwei, drei Erhebungen, hier auf der rechten Seite ragt gewalttätig erhoben eine Wand aus schwarzem Stein aus dem Erdreich, dann, mit einem Schlag setzt sich alles in Bewegung.

Die Welt.
Kehrt sich um.
Ein riesiger Körper richtet sich auf aus dem Erdreich auf, explodiert und rast in alle Himmelsrichtungen davon.

Bumm.
Ein Gewehrschuss hallt durch das Vakuum.

Blitzartig zerrt eine achtspurige Highway an deinen Hosenbeinen, wie aus dem Nichts, ein gewaltiges Sausen und Brüllen tobt in den Ohren, Pressluft  marodiert in deinem Denkkasten, Kalzium wuchert unbarmherzig, erbaut in Zehnteln göttergleiche Megacitys aus Stahl und Glas. Urplötzlich erheben und senken sich ein- und ausatmend die Gezeiten der mentalen Masse über das Erdreich, ein kreuz und quer, Kommen und Gehen, eine sinfonische Uneinigkeit erhebt sich aus dem Orchestergraben, ein sinnloses, ja flüchtiges, fassungsloses vor dem Himmel hingeworfenes Notenblatt liegt plötzlich da, verlangt unnachgiebig nach deinem Taktstock.“

J.G: 

Donnerstag, 8. Oktober 2015

"Versuch mal,

im Krieg einen guten Menschen zu finden."

Swetlana Alexijewitsch,
aus: der Krieg hat kein weibliches Gesicht

Donnerstag, 12. März 2015

Handwerk

















„Zum Teil 

haben wir wahre Schlachten geführt um Leib und Leben, alles unter dem schwarzen Stern dieser gottverdammten Krankheit. Und dass das alles nicht umsonst ist. Aber nie ging es um das Ego, nie. Bei ihr nicht, und auch bei mir nicht. Am Ende, wenn alle Verteidigungslinien durchbrochen waren, alle Anschuldigungen überwunden, alle Selbstbezichtigungen mattgesetzt, alle Verletzungen geheilt, die letzten Tränen vergossen; es ging immer um das Lieben, das Aufheben der Seele aus dem sterblichen Meisterstück.“ 

J.G:

Sonntag, 1. Februar 2015

Tagfalter

"Das mit Liebe belebte, die so poröse Sekunde, der Augenblick des fallenden Lichts in die dunkle Kaverne. Mit einem Atemzug passiert Helles meine Zellen, löst sich das an das Ende gebundene Wort von meinem irdenen Grab. 

Das hornhäutige Gesindel aus Lehranstalten, Fibeln, Klingelzeichen und Hofpausen fällt mit einem Mantelwurf. Die acht Himmel der Sterblichen singen ihr letztes Stück. 

 Der Vorhang fällt. 
Das Unerhörte singt. 

kein Anfang. 
dann Kohlenstoff. 

Seit Äonen der schwarzweiße Mann, der ewige Ruß auf dem Glas der Wahrheit. In der todlosen Glut schmilzt er hinter verschlossenen Türen ein zu Brei, steigt bemalt aus dem Schlaf in Schönheit beflügelt auf.“ 

  ©   by  J. G:

Donnerstag, 15. Januar 2015

erbarmen






„Die Spezies, die derzeit mit dem Augenkopf als Zentrum den Erdball bevölkert, nennt sich mit Kalkül und Bordell, Kalkbauten und Kalaschnikows, Geheimdiensten und Sonderangeboten, Vergewaltigungen und Denkmälern, Gewinnmargen und Drohnen, Massengräbern und Glasarchitektur, Gebeten und Rassenwahn, Philosophievorlesungen und elektrischem Stuhl ruchlos Mensch.


Schaut man sich die gewählten und selbsternannten Könige und Königinnen der Spezies auf ihrem Ast am Stammbaum der Art an, so ist der Ast vergoldet, jedoch morsch. Sehen wir etwas genauer hin, so haben all die Selbstgekrönten keine Krone, sondern Lampenschirme auf dem Kopf. 

Kein Menschenkind trägt so etwas auf seinem Kopf.


Johan van der Leeuwen

so spät noch

Monsieur,  kommen sie herein mein Atelier steht ihnen offen ach ja das große Bild bin noch nicht ganz fertig ihren Brief habe ich gelesen si...