Mittwoch, 30. Januar 2008

und du


ziehst du vorbei an homer
vorbei an columbus
vorbei am diabetiker rilke
und alle den schwergescheiten
und still geweinten
ziehst du vorbei
an all den namen und zahlen der jahrhunderte

mein könig
es ist zeit einen mantel zu tragen
aus der metropole zu fliehen wird nicht einfach sein
die grenzen sind bereits geschlossen und
mit doppelter bewachung versehen
der behämmerung der rasenden stadt
ihren verflucht günstigen krediten
und all den quoten und talktürmen
entfliehen wir am besten zu dieser frühen stunde

in solcher zeit bewahrt uns kein grundsatz
vor verfall und mordbanden
in solchen zeiten des irrsinns, mein könig
schwärze ich mir zum schutz gesicht und meine nackten füße
ziehe damit grundlos vorbei und hinunter
nah heran
und dann weiter

dann hocke ich so wie damals
dicht am geschichtslosen feuerrand
neben mir der wuchtige arthur rimbaud
immer noch ein frühreifer
nach monsieur izambart
ein jähzorniger, brutaler kerl
mit derben fäusten

mit diesen fäusten
schlägt er noch heute jedwedem erbe
eins in die fresse

aus der hosentasche
kramte der afrikanische waffenschieber damals
ein stückchen käsepapier
le bateau ivre
o du mein trunkener kahn
rotzte er in das himmelweite lager

alles fiebrig
und noch immer unfruchtbar für alles seßhafte geschreibsel

so stocherte er mit seinen kurzen fingern
ein stück hartkäse aus dem papier
schob es hungrig in den mund
den schmierigen zettel
stopfte er mir in die rechte hand

ich merkte wie meine augen
hinter zwei schmalen sicheln versanken
an die brandung damit
stieß er in seiner schwindsucht hervor
dann siehst du die millionen goldener fische

ein verknülltes stück papier hielt meine hände
es roch nach mutter, licht und ziegenkäse
na los, mach schon
oder willst du warten bis die diebischen augen alles verderben

ich strich das papier auf meinen knien glatt
hielt es hoch
höher
höher
fluchte er
schräg verdammt
da
sieh doch

mühsam beugte er vornüber
schlug dabei beide fäuste 
in das faulige wasser

was hielten damals meine hände, mein könig
was sah ich

ich sah hindurch
das erinnere ich noch gut
durch alles hindurch

seltsam
heute
ja heute
vor meiner flucht aus der großen stadt
kommt es mir so vor
als hätte ich nach unten gesehen
so wie man in eine hafenpfütze schaut
darin den himmel und eine halbe laterne erblickt

© by  J. G: 

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