Donnerstag, 30. Oktober 2014

Hinweis



„Sapiens 
hintertreibt, sabotiert, durchkreuzt, zerschlägt, behindert, hemmt, stört, torpediert, vereitelt
bekämpft, beschwatzt, erschwert, unterbindet, boykottiert, verwehrt mit dem Fiasko idiotischer Ignoranz, umnebelt mit der ätzenden Ich-Illusion des eigenen Vorteils, dem eisernen Spaten an der Mördergrube, verhindert mit einem unbewussten Betriebssystem aus arischer Geldfresserei wie auch aus einer kriegerisch legitimierten Gottesvorstellung aus grausamer Gewalt seit Jahrtausenden die Menschwerdung der eigenen Spezies.“ 


Johan van der Leeuwen

Samstag, 18. Oktober 2014

u zlateho tygra

„Am Mittag, im engen Kreis der Taugenichtse, Rückkehrern, Pilzsammlern Sternendeuter und Slowaken, die mit der Pistole unter der Jacke, stippte er mir immer wieder einmal im Jahr unbedacht ins Öhrchen, so wie er am Morgen in der Früh neben seinen Katzen sein süßes Brot in den vollen Becher Kaffee tunkt, er sei ein bedeutungsloser Sklave des Unendlichen. 

 

Jeden Tag werde er geköpft, jeden zweiten stehe er von den Toten auf und einmal in der Woche fahre er gen Himmel. Einmal im Monat gibt es ein stilles Fest der Verkündigung, pro Quartal werde er sogar heimgesucht vom heiligen Geist, jeden zweiten, manchmal dritten Tag werde er gefoltert und sogleich selig gesprochen.

 

Wenn wir uns dann in der Schenke zum goldenen Tiger mit den anderen trafen, nahm er im Lärm des Wirtshauses seine Lippen von meinem Ohr und schaute mir direkt hinter den Frontallappen und behauptete mit dem fünften Glas Pivo, jetzt erst sei er übernatürlich nüchtern. 

 

Er sagte, alles sei eine einzige Wirklichkeit, eine aus dem Teilchenbeschleuniger, ein nichtauffindbarer Beweis, dass er ein Geschöpf des Göttlichen sei.

 

Vaclav, der Ingenieur, der seit zwei Jahren im Altersheim wohnt, saß rechts neben ihm am Tischende mit seiner blechernen Brotdose, stieß ihn bei dem Wort „Geschöpf“, wenn er es dann hörte, mit dem Ellenbogen leicht in die Rippen, nahm einen Pfifferling heraus und sagte, schau, dieser hier, den habe ich heute Morgen im Wald gesammelt, schau sie dir alle an, alle ohne Fehler, alle gepflückt, so wie du.“ 

Mittwoch, 1. Oktober 2014

öffentlich

an küchentischen
in den cafes
jetzt auch am euphrat
im staub des alten königs kish
neue materie
ein leben
herrlich
weiblich
ohne ich


J.G:


Liebste Muriel,



mit dem Wehen des Windes fallen die Blüten 
und im Niedersinken von 1000 erröteten Wangen 
entflammt der Himmel die jungen Hügel.

Nur für diesen einen Augenblick findet sich eine ganze Nation nach dem Schmelzen des letzten Schnees auf einer Insel im Pazifik unter Bäumen ein.
Und nur für diesen einen Augenblick kommen sie zusammen und setzen sich nieder.

In nur einem Atemzug, im Fallen der Blüten, hebt sich der Blick der Achtsamen, öffnet sich die Mauer der Geburten, schwindet der Schleier des Sterblichen von den Augen der Verhältnisse und in den vielen in den Himmel schauenden Gesichtern aus Porzellan neigt sich die Erde liebend zu sich selbst.

In nur einem Wimpernschlag, Muriel, branden die Wogen der Freude stilljubelnd aus den Kehlen und im erfüllten Dasein aus weißen Kniestrümpfen, schwarzen Schuhen, Picknickkörben und bunten Wolldecken ist vor den Toren des alten Kaiserpalastes gegenstandslos zu sehen: 

fallen die Blüten - leuchtet die Welt.  


©   by  J. G:

so spät noch

Monsieur,  kommen sie herein mein Atelier steht ihnen offen ach ja das große Bild bin noch nicht ganz fertig ihren Brief habe ich gelesen si...