Mittwoch, 22. Mai 2024

eingeboren



„The open human mind… We are never done with it. 

Never.” 


Marianne Heske   


Künstler aus Norwegen

Teilnehmer der Tangen Collection 

im neuen Kunstsilo Museum in Kristiansand

Südnorwegen

 


Samstag, 18. Mai 2024

so spät noch

Monsieur, 

kommen sie herein

mein Atelier steht ihnen offen

ach ja

das große Bild

bin noch nicht ganz fertig

ihren Brief habe ich gelesen

sie schreiben

in Punkt und Strich

ergeben sie sich nicht

dem Bocksgesang 

tauchen ihre Silben 

nicht in den Spiegelsaal 

seelenloser Macht

und seinem unbewussten Gestühl

einzig und allein

um Umkehr und Einsicht

mit abgeschlagenen Köpfen

auf Leichenbergen 

bei dem zahlenden Publikum 

 im Theater zu erzwingen

kommen sie ein paar Schritte mit

in den Nebenraum

das hier wird ihrem Bleistift gefallen

sehen sie

auf diesem Bild

habe ich schon

für die untere Fläche

Nepalgelb erwogen

über dieser balanciert das Wort

genau

auf einem dünnen schwarzen Strich

über ein endlos

dividiertes Hiersein

was sagen sie

das Wort genau 

ist der Dichter des divine

geben sie mir mal bitte dort das Malachit Nr.8


  ©   by  J. G






Dienstag, 14. Mai 2024

sternenstaub

seele

aus dem haus


  ©   by  J. G:


Nachmittagsvorstellung

Dienstag.


Kinokarte, 14 Dollar. 

Titel: there is trouble on the horizon 


Verlasse den Kinosaal vorzeitig.

Raus aus der Vorstellung. 

100 Milliarden Zellen ohne Zelluloid.

 

Schleiche mich aus dem Saal, gehe durch den langen Flur, an dem Kartenhäuschen vorbei, die Kassiererin hinter dem Schalter fragt mit einem bekümmernden Gesicht, „was is, nicht gefallen". Der Kopf kreiselt wie ein indischer Sadhu, winke ihr noch zu. Dann betrete ich in den frühen Abendstunden, es ist noch hell, die neue Welt.


Ein frischer Wind landet kühl an meinen Schläfen, hebt meinen Blick auf über die Häuserreihe gegenüber. 

Schaue nach links, schaue rechts. Dazwischen, Ewigkeit.


Mit beiden Füßen senkrecht auf der driftenden Krume. 


Mit einem tiefen Atemzug passiert mich der Teer des Asphalts, die Explosionen der Motoren, die  Gewänder und Schuhe der Leute, die vorbeiplaudernden Münder, der graue Löwenzahn am Straßenrand, das Klingeln der Räder, der Schauer der Neutrinos, die Pommes der Imbissbude, drei Mädchen im kichernden Rausch der Vanille, die Radioansprache des Erdkerns, der wolkenlose Himmel über Berlin, der weite Raum ohne Signale.


Kein Weißabgleich, keine Punkte und Striche.

Die silbrigen Schiffchen aus Papier sind alle verschenkt. 


Der erste Schritt.

Schon vor allem.

In einem Nu.

Hinaus.

Ohne Membran.

Premiere.

Ins Leere fallen.

Herrlich weiblich.

Eine Sensation.


  ©   by  J. G:







Donnerstag, 9. Mai 2024

der Morgen

„Geschärft sind seine Pfeile

Und alle seine Bogen gespannt.

Wie Kiesel sind die Hufe seiner Rosse

Und gleich dem Sturmwind

Die Räder seiner Wagen“

Jesaja 5,28



 

Vor mehr als zwanzig Jahren bekam ich ein Buch in die Hände. Ein Buch über Kulturgeschichte der Aborigines in Australien. Von ihnen wird gesagt, dass sie ihre Kultur schon über 60.000 Jahre schriftlos in sogenannten „songlines“ überliefern. 


Mein halbes Leben sind mir philosophische Fragen auf den "Versen", „woher komme ich“, „wohin geht es“, und vor allem, „wer sind wir" in all dem kosmischen Reigen. 


Die Kultur der mündlichen Überlieferung fasziniert, das gesprochene Wort, der Klang, die Bedeutung des Rituals in dieser Lebensart.. 


Die Aborigines, so steht es am Beginn des Buches von Robert Lawlor, betrachten den Lebenslauf als einen ewigen Fluss von Zeremonien, Tänzen und Ritualen, in denen sie das Leben selbst und seinen geheimnisvollen Ursprung feiern.


Wenn die Kinder in dieser Kultur in der Reifezeit sind, sie größer werden, reifen, ihren Eltern fast auf den Kopf spucken können, dann werden sie eines Tages Teil einer Initiation. 


Die Kinder der Aborigines leben in diesem Ritual für einen Tag und für eine Nacht, bis zum nächsten Morgen, in einer Hütte. 

Tanten, Onkel und Paten der Eltern in dem Dorf tanzen und singen mit Klagelauten und Gesängen einen Tag und eine Nacht um die besagte Hütte.


Mit ihren Liedern beklagen die Tanten, Onkel und Paten das "Ableben", den "Tod" der Eltern der Kinder, die in der Hütte den Gesängen lauschen und zuhören. 


Da die Kinder in der Hütte noch Kinder sind, wenn sie die Hütte betreten, glauben sie, je länger die Wehklage dauert, dass ihre Eltern wirklich gestorben sind. Das Ritual dauert so lange an, bis das halbe Dorf, das inzwischen um die Hütte versammelt ist, bis sie alle das Jammern, Weinen und die Wehklage der Kinder in der Hütte hören. Erst dann ist das Ritual erfüllt und das Geheimnis des Lebens in ihnen überliefert.


Der neue Tag.


Die Hütte öffnet sich und vor der Hütte stehen die Eltern der Kinder und drum herum das halbe Dorf.

Voller Freude stürzen die Kinder, die „erwacht sind“, mit ihren Tränen in die Arme ihrer Eltern.


Erst jetzt, mit den ersten Sonnenstrahlen, finden die Kinder sich von der Wärme des Tages eingesegnet in die Freude, die Fülle und in die Verantwortung eines eigenständigen Lebens.


„SICH SEHEN“ – das Abenteuer beginnt. 

 

„das Werk ist vollendet,

sie entdeckten diese Weite selbst,

auf der ein Deckel liegt“

Riga Veda V.29.12



Johan van der Leeuwen 

 

Mittwoch, 1. Mai 2024

o ihr wachenden


"Die Mauer behindert den Service
für die Menschen."

Briefträger in Palästina

3. Juli 2011


  ©   by  J. G:

große Schwankung

der fromme Glaube

ja bald 

in der Zukunft

am besten schon Morgen

einem großen Weltreich anzugehören

und damit Frieden und Sicherheit 

Menschsein 

und Zusammenleben zu erwerben

hat sich im Laufe der Geschichte

gestern wie heute

immer wieder und wieder

nicht nur als Chimäre erwiesen

sondern als blutiges Schlachtgemälde

für unbewusstes Hantieren

mit dem 

was Leben

Dasein und Werden 

auf diesem Planeten ist.


Die einfachen Leute, 

die an den Küchentischen

und in den Cafés der Welt

zusammensitzen und miteinander reden

die wissen das 

und entziehen schon lange diesem Gemälde

Strich und Farbe

Herz und Verstand.


Johan van der Leeuwen



überaus

 still ein blatt im wind   ©   by  J. G: