Dienstag, 19. Februar 2008

am gartentor

Das gleich vorneweg, es geht auf große Fahrt.
Das sagt jeder irgendwann in seinem Leben.
Dabei weiß er genau, er kommt in diesem nur bis zur Gartenpforte.
Und alle anderen wissen es auch.

Die Reise verlangt nach uralter Tinte.

Also schrieb ich, ich würde ins Archaikum reisen.

Das läge nicht 4 Milliarden Jahre zurück, sondern hätte eine Meerestiefe von 4 Milliarden Jahren Gegenwart, einem großen Ozean gleich, in den man in den Sommerferien hineinspringt, schwimmt, untertaucht und wieder auftaucht.

In dem Antwortbrief konnte ich von Bedenken lesen, die man besonders Töchtern zuschreibt, wenn sie ernsthaft besorgt sind, die Geschichte, die gemeinsam in der frühen Kindheit des Universums begonnen wurde, sei aus irgendwelchen Gründen heraus gefährdet oder könne gar scheitern. Mit einem ungewohnt ernsthaften Ton wurde ich schriftlich ermahnt, ich solle doch endlich mit den Dummheiten aufhören und zur Sache kommen.

Bitte lachen sie mich an dieser Stelle nicht aus, hatte ich doch schon als kleiner Junge bei meinen ersten Schrittchen eine Heidenangst, bei dem Ausflug zur Gartenpforte könnte es sich wirklich und wahrhaftig um eine Reise zum Ursprung des Lebens handeln. Nicht das ich vor irgendetwas Angst gehabt hätte, nein, das war es sicher nicht.

Es war vielmehr die bebende Furcht vor der handfesten Gewissheit, noch bevor die Reise überhaupt begonnen hatte, bereits alles zu wissen, alles, wirklich alles.

Ein ungeheures Erschrecken packt mich noch heute an jeder Gartenpforte, so eine Art übermächtige Ahnung, die mich aus der Tiefe, aus dem Unbändigen, aus dem toten Winkel wie eine hungrige Löwin blitzartig im Sprung zu Boden reißt.

Bevor diese mächtige Kreatur dann das Ende meines Daseins zwischen den Haustüren und Gartenpforten der Welt mit ihren Krallen unterzeichnet, hebt sie den Blick und verweilt eine Ewigkeit siegreich über meiner noch jungen Kehle.

Dann, in dem Versprechen der Art, sehe ich, wie die unbändig wilde Gestalt über mir senkrecht in das bislang Unerhörte schlägt und mit ihren Reißzähnen in einem grandiosen Schlag in die Tiefe den uralten Schwur im lebendigen Fleisch einlöst, das alles, aber auch wirklich alles gefressen sein muss."

aus "Licht den Tagen voran" J.G:

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überaus

 still ein blatt im wind   ©   by  J. G: