Sonntag, 27. Februar 2022
darüber hinaus
Schöpfungsakt
Freitag, 25. Februar 2022
I. Brief an einen sterbenden Freund
27. April 2014
Teuerster,
bei Frühlingswetter sitze ich im Garten, mein erster Ferientag, auf der Terrasse nach Süden zu meinen Nachbarn hin. Früh aufgewacht, habe Marie kurz den Mund abgewischt, unter die Dusche, dann ihr ein paar Löffel Apfelsaft gegeben. Um kurz vor acht Uhr parkte ich mein Auto gegenüber dem Markt. Mit 45 € im Portemonnaie kaufte ich Äpfel, Spargel, ein dünnes Kalbsschnitzel, Gemüse für Maries Gemüsesuppe, zehn Eier, Salat und Brot, ein halbes Roggenbrot geschnitten. Kurz vor neun Uhr war ich wieder im Haus.
Ava war inzwischen da, kümmerte sich um Marie, gab ihr passiertes Frühstück, Eier, süßes Brötchen mit Marmelade und Butter. Ich schnitt derweil das Gemüse für die Suppe, blanchierte das Gemüse im Topf, löschte mit Hühnerbrühe ab, ging runter in den Keller und machte die Wäsche. Inzwischen war Ava fertig mit Maries Frühstück, so konnte ich das Bad fertig machen für ihre Dusche. Mit Spitzfüsschen auftretend schleppte ich sie von ihrem Zimmer die 25 Schrittchen ins Bad, setzte sie aufs Klo, zog ihr das blutige Hemd aus und brauste sie mit warmen Wasser ab. Nach zehn Minuten war sie geduscht und es ging den Weg mit Bademantel übergeworfen zurück in ihr Zimmer. Dort hatte Ava schon das Bett frisch bezogen, aufgeräumt. Sie fasste Marie bei den Füssen, ich unter den Armen, so legten wir sie auf ihr Sofa. Ava deckte sie zu, fönte ihre Haare, verband ihre offene Wunde an der rechten Brust, zog sie an. Ich war derweil im Bad, machte das Bad sauber mit Essigreiniger.
Es war kurz nach 11 Uhr. Zeit für mein Frühstück. Ich entschloss mich das Frühstück, heute am ersten Tag meines einwöchigen Urlaubs, zu zelebrieren. Nicht auf dem Sofa im Musikzimmer, sondern auf der Südterrasse mit einer weißen Tischdecke, die von Ostern noch aufgelegt war. Nachdem ich aufgedeckt hatte, die Zeitung links neben mir liegend platzierte, lass ich die Überschrift, „Ukraine warnt: Russland will den Dritten Weltkrieg“ Kurz blitzte eine Zeile über die Headline des Tages, die ich aus der vergangenen Woche erinnerte „Putin ist nicht Puschkin“.
© J. G:
II. Brief an einen sterbenden Freund
27. April 2014
Marie wurde von Ava im Rollstuhl auf die Terrasse geschoben und in ihren neuen Liegestuhl gesetzt. Ava verabschiedete sich und ging mit dem Nachbarn Herrn Rösch auf den Markt. Ich saß sonnenbeschienen auf der Terrasse an meinem Frühstückstisch, trank genussvoll meinen Cafe, legte mir das Rührei auf mein Schinkenbrötchen und lass Marie die Schlagzeilen der Tageszeitung vor.
Die Nachbarn kamen von ihrer Waldtour und riefen über den Zaun, wir kommen auf eine Tasse Cafe kurz rüber. Das sind seltene Momente in den letzten Monaten, von denen ich hoffe, sie werden mehr und hören nicht auf. Es ist wunderbar, solche Nachbarn zu haben.
Wir sprechen nach dem ersten Schluck Cafe über eine mögliche Strahlentherapie für Marie, um den Blutfluss einzudämmen. Der Doktor hat mit einer Kollegin aus einer anderen Klinik gesprochen. Dafür müsste sie noch einmal stationär aufgenommen werden, um die Möglichkeiten der Therapie zu erörtern. Gestern Abend, nach Heimfahrt von Tochter und Enkelkind, ging ich noch rüber zu den Nachbarn, um die Kurzzeitpflege ab Montag zu besprechen. Ich erzählte von meinem Fussgang von Hausnummer 45 zu Hausnummer 47. Ich war traurig, da ich am Tisch meiner Nachbarn hörte, dass Marie sterben wird. Wieder zurück im Wintergarten erzählte ich Marie von meiner Traurigkeit, teilte ihr das Gespräch mit und weinte dabei. Sie weinte mit mir.
Am Frühstückstisch sagte ich, dass ich mir schon seit langem angewöhnt hätte keine zwei Währungen mehr auf der Strecke zwischen Kommen und Gehen, zwischen Leben und Sterben auszuzahlen. Täte ich es, hätte ich ein Gefühl der ständigen Selbstverfehlung, die mich umnachtet und mich nur noch als Schatten leben lässt.
Marie, mein lieber Freund, sie weiß über alles Bescheid, ich habe ihr alles brühwarm erzählt, auch, dass sie die Bluttransfusion, die wahrscheinlich auf sie in ein paar Wochen wieder zukäme, nicht annehmen müsse. Sie könne auch sagen, das war es für mich, eine schöne Reise hatte ich und ich habe eine schöne Reise erneut vor mir. Sie könne sagen, als bare Münze nehme ich mit, dass ich geliebt bin und mich mit dem jetzigen Zustand einem Punkt nähere, dass auch ich mich selbst lieben kann, nicht obwohl, sondern weil ich so unglaublich hinfällig bin, ich so nah bei mir bin, dass ich die Kostbarkeit, die mich jede Sekunde lichtvoll umarmt, und nach Hause winkt, nicht mehr übersehen kann.
Meiner Nachbarin wirft über den Zaun an diesem Morgen und in dieser Stunde das Arkanum „es ist wie es ist - der Fisch hat Flossen", das Wort der Fügung, das Stillleben des Gewordenen, die geronnene Zeit, dessen Lichtsatz, jedes zum Leben und Sterben geborene Wesen auf seinem ganz eigenen Zettel zu lesen hat.
J. G:
III. Brief an einen sterbenden Freund
27. April 2014
Der Doktor erzählte noch, dass er jung an Jahren im Schlachthof in Kiel gearbeitet hätte, in der Häuteabteilung. Da kannte er seine Frau noch nicht. Ich erinnerte meinen literarischen Ziehvater, Herr Hrabal. Er hat eine Geschichte geschrieben, in der er einen Mann mit dem Karren über Land zieht und rufen lässt „Häute, Häute, Häute zu verkaufen!“
Der Doktor erzählte auch noch von einem 130 kg Mann, der über den Tag verteilt im Schlachthof gut 2 Flaschen Wodka trank, dann auf einem Damenrad den Schlachthof verlies und er ihm nachschauend Angst hatte, das Rad würde sogleich unter seinem kolossalen Schlachtgewicht zusammenbrechen. Er war nicht auf dem Weg nach Hause, wusste der Doktor zu erzählen, sondern er war unterwegs zu seinem Stammtisch.
Beide brachte ich noch zum Gartentor, da blieb der Doktor auf dem Hacken stehen und erzählte mir noch kurz, seinen leeren Cafe Becher in der Hand, seine Frau links neben ihm stehend, der Hund mit der Leine um den Hals, seine Frau mit dem Teller und ebenfalls leerem Cafe Becher abdrehend, das er damals, Geld verdienend, nach drei Wochen Kohlenschleppen, Hornhaut auf dem Rücken hatte.
Macht euch einen schönen Tag, rief ich ihnen nach.
Den Nachmittag verbrachte ich mit Nichts, rannte rum, wusste nicht, wo ich mein unruhiges ICH hinstellen sollte. Aufs Rad wollte ich nicht, hörte noch dünn die Worte meiner Tochter vom Vortag durch den Telefonhörer, „ruhe dich aus, mache einfach nichts“.
Gut beraten machte das Ich dann einfach erfüllend nichts.
Am Nachmittag habe ich Marie einen Eiscafe gemacht, mir selbst einen Eierpfannenkuchen und unserer Mitbewohnerin im 1. Stock einen mit Puderzucker bestreut nach oben gereicht. Ich habe ihr gesagt, dass Marie am Montag in die Kurzzeitpflege kommt. Da hängte sie mir eine weitere Nachricht an mein Wort, dass ihre Freundin ebenfalls Brustkrebs hat und ihr die Brust entfernt wurde. Wieder im Wintergarten erzählte ich das und war erzürnt darüber, dass man diese gottverdammten Hiobsbotschaften derzeit nur so um die Ohren gehauen bekommt.
Aus jeder Windrichtung, man kann sich drehen wohin man will, richtet der Intendant dieses unheilvollen Theaters zum Lob der Dramaturgie einen grellen Scheinwerfer auf das kleine Leben mit all seinen am Rande der kosmischen Provinz prämierten Niederlagen.
Ich fragte Marie, ob sie aufs Rad will, sie sagte eindeutig ja. Respekt, sagte ich. Und tatsächlich, sie radelte mit gesengtem Haupt eine ganze Viertelstunde. Ich zog meine dreckige Sporthose und meine alte Sportjacke aus, schmiss sie in die Ecke hinter der Tür und ging unter die Dusche. Völlig unerwartet schien etwas in mir auf, kein Gedanke, ein Empfinden für das Alles hier.
„Jetzt wird es schön. Da wir wissen, dass wir sterben müssen.“
J. G:
IV. Brief an einen sterbenden Freund
27. April 2014
Ist das der Satz, der vielleicht das Mysterium „es ist wie es ist“ aufdeckt?
Seltsam beglückt von diesem Satz steige ich aus der Dusche, trockne mich ab. Erinnert mich dieser Einfall doch an das alte „Urteilchen“, dieses Kleinod „schon vor allem“, welches in jedem Sandkorn die Erinnerung an den Ursprung nach vorn, das, was immer schon ist, noch nie wahr und doch werden soll, wach hält. Dieses kleine Teilchen leuchtet auch mir auf meinem Weg wie ein Glühwürmchen heim, lässt mich in meinem kleinen Kästchen nicht alles allein denken, inmitten dieses unermesslichen Riesenreichs, in dem ich zu Fuß unterwegs bin.
"Licht erlischt, die Flamme bleibt“
Ich weiß nicht mehr genau von wem diese Worte sind, doch jeden Tag erhellen sie den Blutstrom in meinen Herzkammern, so dass ich sie als alter Landwirt der Ackersilben der Almende des Dorfes anheim stellen kann.
Ich gehe zu Marie und erzähle ihr von dem Ereignis unter der Dusche, dass mich dankenswert an meine Herkunft erinnerte, weswegen ich hier auf diesem Weltenbogen immer noch mit Kinderschuhen an den Füssen und Lehmmurmeln in der Hosentasche herumlaufe.
Das Wort, mein guter Freund, scheint von innen auf, sagte ich ihr ins große Weltenohr, es webt und webt und webt, ungeahnt von des Lebens einsilbigem Traum, zehntausend Sternenfeldern gleich.
Das in Kohlenstoff anfangslose Licht wirft sich am Abend in mein aufgeschlagenes Heft und so verschwinde ich für einen Augenblick lautlos in eine vom Ich losgelösten Zeile der Schuld.
Das in Silben niedergeworfene Wort, leicht zittrig, in senkrechten Strichen erhoben, niedergeworfen in ein erlösendes Hinab, wandert furchtsam in das weit Entfernte, hinzu einem nackten Endlich, dem Punkt am Ende des Romans. Hier, auf der vorerst letzten Seite, leuchtet schon vor der letzten Zeile der beseelte Hauch des Sterblichen im Unsterblichen mit uralter Tinte auf. „O Indra, das was aus dir geboren, davon nimm Kenntnis“ Veden
Der Tag ist vorüber.
Es ist 23.16 Uhr. Mache das Licht aus und lege mich in den Schlaf.
J. G
Donnerstag, 24. Februar 2022
Haushaltshilfe
no comparsion
schon immer
Dienstag, 22. Februar 2022
in diesen Tagen
Samstag, 19. Februar 2022
im Block
Leichter Schneefall
Die kosmische Hintergrundstrahlung ist infolge ihres isotropen Charakters der vorerst einzige singuläre Bezug zur Entstehung des Universums.
Man kann also davon ausgehen, dass die Evolution der verschiedensten Lebensformen sich in einem einheitlichen Informationsfeld befindet und darüber hinaus in ihren systemischen Abläufen synchronisiert wird.
Dies lässt sich sowohl für den physikalischen, bio-chemischen wie auch für den mentalen Aufbau von Lebensformen in Anspruch nehmen.
Der Entwicklung von Lebensformen, das teilnehmende Zeugnis, Passage des Individuums, das, „was mich passiert“, vollzieht sich physisch lebensbewusst auf der mentalen Ebene der Zellmaterie.“
zwischen materie und bewussteins
ähnlich wie für masse und energie die lichtgeschwindigkeit
stellt die kosmische hintergrundstrahlung die gleichungsbrücke
auf dieser brücke
tauschen materie und bewusstsein
die seiten
und setzen lebensformen frei
so wie masse und energie
in aufsteigender reihe
ihren zustand ändern
J. G:
Freitag, 11. Februar 2022
der letzte Mohikaner
Der Tag trüb.
Das Licht fahl.
Ein Tropfen schwarzer Tinte in einem Wasserglas.
Sitze in meinem frisch gemachten Bett an diesem Abend und erinnere den letzten Mohikaner.
Ein Buch aus den 50gern.
Mein Bruder las schon früh Bücher, flog mit seinen roten Haaren weit hinaus in die Welt der vielen Abenteuer mit all ihren spannenden Buchstaben. Auch das Buch "der letzte Mohikaner" war unter diesen vielen Büchern. Ich habe es nicht gelesen, aber die Zeichnung auf dem Umschlag des Buches erinnere ich noch heute nach diesem trüben Tag im Dauerregen.
Ich war zwei Jahre jünger als mein Bruder, hatte in dieser Zeit, während mein Bruder ein Buch nach dem anderen verschlang, auch eine Passion. Brav warst du, wurde meine Mutter nicht müde immer wieder im Familienkreis zu wiederholen, du warst brav und mittags lagst du selig in deinem Bettchen.
Dann, irgendwann im Sommer nur noch auf zwei Beinen raus, nix wie raus und mit meinem Dreirad mit den weißen Ballonreifen um den Bahnhof herum, bis ich schwindlig wurde und meine Mutter aus dem zweiten Stock das Bahnhofs von oben aus dem Fenster schauend zum Abendbrot rief.
Etwas später, Beine und Arme waren jetzt länger, wurde ich ein Freund des Fahrdienstleiters und seiner roten Mütze, den vielen Stellwerkhebeln, der roten Kelle, der Pfeife im Mund und dem Taschenmesser, das er immer herausholte, wenn er seine verbeulte Brotdose aus der schon mürben Ledertasche kramte. Mit ihm hielt ich Sommer wie Winter, ich ging noch nicht zur Schule, Züge an und lies sie auch am Bahnsteig mit meiner erhobenen Kinderhand abfahren.
Herrlich.
Mein Bruder hatte irgendwann alles ausgelesen und wurde zum schnellsten Mann auf Rechtsaußen. Ich folgte ihm mit dem Ball am Fuß, schmiss mich vor lauter Freude immer wieder auf die warme Erde, fing den blauen Ball auf, schmiss mich wieder hin und staunte im Fallen über das wundersame Schweben im Weltenraum.
© by J.G.
Mittwoch, 9. Februar 2022
enbodiment
Seit mehr als zwei Jahren strapaziert ein Virus, mitsamt seinen Mutationen diverse Regierungsformen, Unternehmen, Gesundheitssysteme, Gemüter wie Existenzen der Menschen auf dieser Welt.
Die Natur selbst, mit einem ihrer alteingesessenen viralen Anwälte, stellt derzeit grundlegende Fragen zum Verhältnis des Menschen zu seinen Nachbarn, zu seiner Mitwelt, wie der Mensch in Zukunft mit allen in der Runde auskömmlich leben und überleben will.
Nicht nur rhetorisch steht die Zeitgeschichte an einem historischen Umbruch. Die Natur betritt als Lebewesen, als handelndes Subjekt, die Bühne der modernen Welt. Das Leben selbst richtet mit seiner versammelten Intelligenz von 4,5 Milliarden Jahren Erdgeschichte ernsthaft Fragen an das Zusammenleben der Menschen und ihrem Verhältnis zur Natur.
Das Subjekt Leben befragt gewichtig eine Industrie- und Finanzwelt, die Verfassungen wie Gewissen der verantwortlichen Personen in den Staatsämtern, befragt sie nach ihren wirtschaftlichen Grundsätzen, ihren Verantwortungen gegenüber der Natur, ihren verschiedenen Lebensformen und fragt auch nach den humanen Werten des Zusammenlebens der Spezies Sapiens.
Ebenfalls richtet sich sie sich auch an den einzelnen Menschen in seinem jeweiligen Kulturkreis, stellt die Frage, wie ist das Zusammenleben in deinem Viertel, Fragen nach den Preisen für den Bus, dem Kindergartenplatz, den Mieten für eine 3-Zimmer Wohnung, einem Park in der Nähe, nach sauberer Luft, nach trinkbarem Wasser, guten Lebensmitteln, einem Theaterbesuch und erholsamen Ferien an der See.
Seit mehr als 50 Jahren verweist anhand realer Klimadaten des Planeten, besorgt aufrichtig formuliert mit dem Primat der Vernunft, die in alle Windrichtungen gehende Bloßstellung einer Ökonomie auf die dringend notwendige Abwendung von einer ruinösen Wachstumsökonomie, die ohne einen Hauch von Naturrecht und Menschenrecht hemmungslos alle lebensphysikalischen, biologischen wie human Werte radikal frisst und sie frenetisch an den Börsen als Gewinn und im Neonlicht des Feuilletons als altruistischen Hoffnungsschimmer feiert.
Der gesellschaftliche Diskurs um ein neues Verhältnis des Menschen zur Natur, hält neben der so notwendigen Diskussion um den Klimawandel, der Ausrichtung der Gesellschaft auf eine nachhaltige Bewirtschaftung des Planeten, der breiten Diskussion um neue Gesellschaftsverträge, der politischen Entwicklung demokratischer Verfassungen, der Regulierung globaler Finanzströme, im Kern einen historisch erhellenden Erkenntnisschritt vor.
In diesem Jahrhundert wird der allgemeinbildende Zugriff auf die Erkenntnis Bedeutung haben, das es ein Jahrhundert der „Entbindung“ wird, der Entbindung, der Ablösung, der Aufhebung von einem „unbewussten Betriebssystem“, das die Welt und die Menschen seit Jahrhunderten nicht nur mit Krieg, Hunger und Elend in Atem hält, sondern auch den Weg in eine Menschwerdung versperrt.
Mit einem philosophisch wie religiös festgeschriebenen rechtlich legitimiert und eingeübten Denkmuster wurde über Jahrhunderte die Erde als Lebewesen, die Natur als Subjekt, wie auch ihre Teilnehmer, Mensch, Frauen, Männer, Kinder, Tier, Pflanze, Stein, wie auch die Erstsemester der Erdgeschichte, Bakterien und Archaeen, systematisch zu einem toten, leblosen, unmündigen, unwerten Objekt erklärt.
Ein Denkfehler der Spezies Sapiens, der sich als Teil eines unbewussten Betriebssystems entpuppt.
Die in den Köpfen instrumentalisierte Objektivierung der allgemeinen Natur, Leben als totes Ding, das sich unbegrenzt als materielle, biologische wie menschliche Ressource gewissenlos materiell ausbeuten lässt, ist jahrhundertaltes Ergebnis wie aktuelle Krise dieses Denkens.
Vielleicht ist es ganz hilfreich an dieser Stelle darauf zu verweisen, dass die Lebensintelligenz der Erde eine Entwicklungsgeschichte von über 4,5 Milliarden Jahren vorzuweisen hat. Die Basis dieser Lebensintelligenz fand über 4 Milliarden Jahre in den Ozeanen statt, und dies ohne Beteiligung eines neuroyalen Zentralrechners.
Die offene Lebensintelligenz, eine mentale Entwicklung, die in sich ja bei Leibe nicht als abgeschlossen lesen, die sich auch, unter einem sich ausdehnenden und noch zu großen Teilen unbekannten Universum, als solche nicht ausweisen lässt, auf diese Verkörperung, eines „Enbodiment“ von 4 Milliarden Jahre, einer sich offenen, sich gestaltenden mentale Lebensintelligenz, baut sich die gesamte spätere neuronale Evolution auf. Einer neuronalen Entwicklung von 500 Millionen Jahre, bis zu unserem heutigen familiären Küchentisch mit 9 Stühlen.
Diese Verkörperung von 4,5 Milliarden Jahren Lebensintelligenz, die uns diese Zeilen überhaupt schreiben und lesen lässt, die eine mentale Richtung der Selbstreflexion eingeschlagen hat, kann man als den Strand unter dem Pflaster, als das in das gesamte Lebensnetz eingewebte allgemeine Vermögen bezeichnen, das sich in eine erwachte Position gestellt sieht, das Bewusstsein des Phänomens Leben in diesem Kosmos im neuronalen System „passieren“ zu lassen, es mit und im ganzen Körper wahrzunehmen, Lebensmaterie als bewusst intelligent zu generieren und diese Offerte mit der Begabung einer kreativ Humanen Haltung mit anderen zu teilen.
Die allgemeinen Hörsäle dieses Enbodiments sind in den universal ausgestatteten Billionen Zellen des Körpers zu entdecken, die eine Geschichte von mehreren Milliarden Jahren Vorlesung über Kooperation und Kommunikation aufzuweisen haben.
Die Ausstattung wie auch die offen, ausgerichtete Lebensintelligenz der Zellen, ermöglicht dem neuronalen System einen unmittelbaren Zugang und Zugriff auf die Wahrnehmung der Lebenszusammenhänge. Die Intuition ist das erste offene Fenster zum Innenhof dieser Intelligenz, das der Mensch für sich selbst öffnen kann.
Ein weiterer Meilenstein in diesem Jahrhundert zeichnet sich für die Spezies Sapiens auf dem Weg zur Menschwerdung ab.
Auf dem Zettel in der Hand der jungen Generation kann man an den Rändern eine handschriftliche Notiz lesen, die sich als ein historischer Schritt in der Erkenntnisgeschichte des Menschen erweisen könnte. So wie damals, vor 500 Jahren, als in den Aufzeichnungen auf geschöpftem Papier zu lesen war, das die Erde keine Scheibe, sondern als eine im Weltraum sich drehende Kugel ist.
Auf dem Zettel der jungen Generation steht diese Notiz:
Die Welt als ganzes Wahrnehmen.
"Sich sehen"
Die tiefe Bedeutung dieser Worte liegt in der Ablösung wie Entbindung vom einem überkommenden Denkmuster, das die Natur, den Menschen, wie auch den Kosmos als ein„unbewusstes, totes Etwas“ ansieht und bewirtschaftet.
Die junge Generation, mit einem über die herkömmlichen Konventionen ausufernden, „explosiven“ kreativen Begabungen und Vermögen, will sich nicht länger eingefriedet und beengt wissen, ausgeschlossen werden von der Gestaltung, der allgemeinen Teilnahme und Teilhabe an dem Reichtum dieser offenen Lebensintelligenz, will selbst nicht weiter neurotisch gepolt werden in einem ewigen „hin und her“, sich nicht als ein „totes Objekt“ bei lebendigem Leib denken müssen.
Die lebensbejahende Wendung dieses Denkens bedeutet, dass die einzelnen Individuen sich als Teil der Natur, sich in Ursprung und Gegenwart als kreatives humanes Subjekt ansehen, dessen Weg darin besteht, würdig in Freiheit kreativ teilzunehmen und teilzuhaben an dem Vermögen dieser Lebensintelligenz, um sie mit anderen in Freude zu teilen.
Sich selbst als ein souveränes, mündiges, teilnehmendes Lebewesen zu sehen, das in der Lage ist, mit Individualität auf das „WIR“, auf die gesamte offene, mentale Richtungsintelligenz des Planeten Bezug zu nehmen, um aus diesem neuen Wissen nicht nur den nächsten sozialen Schritt der Menschwerdung zu generieren, sondern auch ein integrales Wirtschaftsleben in seinem jeweiligen lokalen Lebensraum zu initiieren.
Die Frage, die sich stellt: Wie nun zeichnet sich handhabbar ein passabler Weg, diesen Erkenntnisschritt allgemein wie individuell aufzuheben?
Wäre es ein Zugang, wenn der Mensch zuerst einmal die Möglichkeit eröffnet wird, diese Welt als ein Ganzes, dieses Lebewesen Erde, das wir ja selber als Teil der Natur subjektiv sind, dieses - Live - wahrzunehmen im öffentlichen Kulturraum, um sich wirklich und wahrhaftig als ganzer Mensch „lebendig“ zu fühlen und zu sehen?
Ist es nicht eine ganz neue, in der Tiefe wie in der Höhe, in der Welt der kleinsten Teilchen, wie in die Ausdehnung des Kosmos, eine ungeheuer lebensintelligente Welt, die wir da wie eine völlig neue Landschaft erstmals kreativ human betreten können?
Wäre das womöglich ein Anfang für dieses neue Denken von Welt, wenn dem Menschen eine mediale Architektur im öffentlichen Kulturraum frei zugänglich wäre, damit er diese neue Welt in allen Facetten wahrnehmen, studieren und generieren kann?
Böte nicht die Ansicht der Erde aus dem Weltraum - Live - eine solch mediale Basis für eine öffentlich zugängliche Architektur einer Welt als Ganzes? Ist diese Ansicht nicht eine Ansicht, die als Weltkulturgut, als mentale Konstante aufgenommen gehört die in Erkenntnisgeschichte der Vereinten Nationen? Ein Weltkulturerbe, das es als Ursprung und Gegenwart von Lebens zu schützen gilt?
Spricht man heutzutage von notwendigen Investitionen in den digitalen Wandel der Gesellschaft, so bedeutet das nicht automatisch auch eine Investition in die Lebensintelligenz des kreativ Humanen, in die Anhebung der analog sozialen Beziehungswelt des Menschen, sowie einen allgemeinbildenden Zugang zu den Lebenszusammenhängen des Planeten, aus denen sich das neue Wissen generiert und kommunikativ abbildet.
Eine Voraussetzung für eine friedliche, humane und integrale Entwicklung der Gesellschaften in ihren Nationen wird sein, dass den Individuen dieser allgemeinbildende Zugang zu einer Architektur einer Welt als Ganzes im öffentlichen Kulturraum - live - ermöglicht wird.
So wird es dem Menschen ermöglicht, diesen historischen Erkenntnisschritt emotional wie auch intellektuell in sich frei aufzuheben und mit anderen kommunikativ zu teilen.
Erst dann lässt sich seriös von einem historischen Erkenntnisschritt in diesem Jahrhundert sprechen, von einem wirklichen Wandel, einem von der Allgemeinheit frei gewählten Fußabdruck, der über Generationen hinaus weitergetragen wird von einer offenen Lebensintelligenz, eines kreativ humanen Zusammenlebens auf diesem blauen Planeten.
Johan van der Leeuwen
Samstag, 5. Februar 2022
Wieder im Programm
9 Reihe, Platz 7+8
Freitag, 4. Februar 2022
ئۇيغۇر
sapiens revue
„Die alten Kaiser besetzten das öffentliche Wort negativ. Die Neuen machen das auch. Mit Macht. Der Mensch soll tunlichst seine sterbliche ...
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For centuries In the purple city Highest harmony The misery of power. Substitute for the soul. Highest surveillance highest annihilation hi...
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Sind die Buchstaben auch noch so feingliedrig geschliffen oder schroff hingeworfen, es bleibt ein unerklärliches Echo der Unvollkommenheit, ...
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einen kuss für dieses wort gab sie ihm es war poesie das lied der unsterblichen © by J. G: