Freitag, 17. April 2020

das muss


In der Süddeutschen lese ich die Überschrift des Statements von Herrn Yuval Noah Harari, der mit seinen Büchern „Homo Deus“, „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ und „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ weltweite Furore gemacht hat in der Abteilung „da geht es lang“.
Die Überschrift lautet: „Nicht das Virus ist die größte Gefahr, sondern der Mensch“

Ne, Herr Harari, so nicht.

Weder das Virus ist die größte Gefahr, noch der Mensch.

Ich erzähle einmal eine kleine Geschichte aus dem Leben von Kaspar Hauser. Sie stammt aus dem Film, in dem Andre Eisermann den Hauser spielt. 

Nachdem er aus seinem Verlies befreit wurde, von dem Lehrer eingekleidet und begonnen zu unterrichten, kam ein englischer Adeliger ins Haus des Lehrers, zusammen mit seinem Diener. Er zeigte Gefallen an dem jungen Hauser, kleidete ihn ein und nahm ihn eines nachmittags mit zu einem Picknick am Waldesrand. Der Diener deckte ein, der Adelige amüsierte sich, aß ein Stück von einem Hühnchen, Kaspar schaute in die Welt und freute sich an seinem neuen Kleidern. Gegenüber, nicht weit entfernt von dieser Szene standen zwei Kinder in abgerissen Kleider, sie machten einen ärmlichen und hungrigen Eindruck.  Da warf der Adelige einen Hühnerknochen vor die Füße der beiden Kinder, die sich auf diesen abgenagten Knochen stürzten. Hauser sah das, wandte seinen Blick zu  dem Adeligen, der zu Hauser sagte: „So sind die Menschen.“

So nicht.

Denn die Entwicklung des Sapiens hin zum Menschen ist noch nicht abgeschlossen. 

Spricht man über das Verhalten dieser Spezies Homo Sapiens, so spricht man auch immer von dieser, als einer Spezies, die überwiegend Denken und Handeln aus einem unbewussten Betriebssystem, d.h. in Unkenntnis der inneren Lebenszusammenhänge sich organisiert. 

Die Entwicklung in die mentale Erkenntnis der inneren Zusammenhänge des Lebens sowie der Integrierung in das Denken und Handeln der Spezies befindet sich, berücksichtigt man die Historie der mentalen Evolution, so kann man die Verfehlungen der Spezies nicht in Gänze dem Begriff Mensch zuschreiben, sondern dem mentalen Entwicklungsstand der Spezies Sapiens., der industriell wie finanzpolitisch außerhalb der Lebens-Zusammenhänge sein Hochhaus gebaut hat.

Lässt man diese Inhärenz der Evolution ausser acht, so übersieht man die grundlegende Anlage in der Entwicklung von Lebensformen, die Kooperation. 

Der Begriff Mensch wird mit diesem Argument, wie es Harari tut, vorverurteilt, wie es unbewusst immer wieder in allen Sprachen fatal im Kreislauf eines unbewussten Betriebssystems repetiert wird. 

So ist der Mensch, sich selbst gegenüber, der Verdächtige, der Feind, wird als Täter ausgemacht, verfolgt, eingesperrt, präjudiziert, und letztlich als das Übel des Ganzen zur „ endgültigen Lösung“ ausgeschrieben, gesetzlich legitimiert als der Schuldige auf die Anklagebank gesetzt. 

So verstanden, lebt das Menschliche in der Spezies Sapiens in einer solchen Formulierung, wie es Herr Harari vornimmt, schuldig in einem Todestrakt. 

Das Schöpfungswesen, das seit Jahrhunderten darum ringt Mensch zu werden, der Souverän, das Human Kreative, das Leben selbst, dieses ruft weiterhin in allen Sprachen aus seiner Haft frei gelassen zu werden. 

Das kann nicht unwidersprochen im Feuilleton vorbeidefilieren.



Johan van der Leeuwen

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