Montag, 20. Mai 2019

Gleis 13


Wie sieht die Ethik des zivilen Überlebens im Amerika der 70 Jahre des letzten Jahrhunderts aus?

Die Eltern von Michelle Obama haben ihrer Tochter folgende Worte mit auf den Weg gegeben:
„Das Leben ist nicht fair. Das ist eben so. Du bekommst nicht immer, was du verdienst, aber du musst hart arbeiten, um zu bekommen, was du willst. Und selbst dann bekommst du es manchmal trotzdem nicht.“ 

"Journalisten, Interpreten und Kritiker tummeln sich im Text der beschriebenen Welt. 
Poeten holen Licht, 
das Wort 
aus dem Morgenrot,
aus der unbeschreibbaren Welt."

Johan van der Leeuwen



In der "Zeit" vom 15. Januar lese ich ein Interview von Asa Kasher, Prof. der Philosophie. Er berät die israelischen Streitkräfte.

Er versucht den Akt der Selbstverteidigung Israels mit dem Satz zu rechtfertigen „Das Töten sei nicht der moralische Kern“, der moralische Kern sei die  Selbstverteidigung. Er selbst habe die Richtlinien für den Kampf gegen den Terror mit verfasst. 

Der Angriff auf Gaza rechtfertigt er als „Kriterium des letzten Hilfsmittels“ gegen die Hamas.
Glaubwürdig erzählt er, dass ihn jeder einzelne Fall, in dem ein Mensch zu Schaden kommt, schmerze. 
Er triumphiere nicht, so wie die Palästinenser Selbstmordattentäter feiern, wenn Menschen getötet werden müssen, aufgrund der Sicherheitslage Israels. Er empfinde keine Freude, wenn es also sein muss. Am Ende des Interviews wird es etwas eng für den Joungleur ethischer Richtlinien.

Der Journalist spricht die Kühle der Kalkulation an, mit der Israel „zielgenau“ im Gazastreifen terroristische Aktivitäten mit dem Töten von Menschen abwickelt. Der Philosoph greift in die Schatztruhe der christlichen Vorbilder. Er zitiert Thomas von Aquin, der sich es nicht nehmen ließ über einen gerechten Krieg nachzudenken.

Thomas nannte drei Bedingungen für einen Krieg:
1. Eine Mandat, auf dessen Befehl hin der Krieg geführt werden muß...
2.  Einen gerechter Grund...
3. Drittens, die rechte Absicht...

Mit der letzten Frage wird die Lage ernst für den Philosophen.
Legitimiert nicht die ethische Reglementierung des Tötens jenen Rest an Selbstzweifel, der Humanität erst ausmacht, so Patrick Schwarz, der Journalist.

Antwort: „In der Bibel steht sinngemäß: Zögern hat seine Zeit und Entscheiden hat seine Zeit.
In der Militärakademie diskutieren wir im Fach Ethik alle möglichen Ansätze, Aspekte und Prinzipien. Aber dann gibt es einen Punkt, an dem gehandelt werden muss.“

Johan van der Loewen ruft mich an. Er sagt: Die Entscheidung unterliegt dem limbischen System.
Also - lass es. 

"let it be" The Beatles


Das meine ich, wenn ich von philosophischer Plastikfolie spreche, der Sinnverpackung des Sapiens. Die zweibeinige Spezies, mit der binären Ethik von „Sein oder Nichtsein“ mental eingezäunt in dem Weltbild der Unauflösbarkeit der Gegensätze, rechtfertigt mit dieser „Kunst der Auslegung“ jegliche Tötung gegenüber anderen Lebensformen. 

Eine Gefangennahme, die den Sapiens seit tausenden von Jahren nicht Mensch werden lässt. 

Erstmals zitiere ich einen Satz von Herrn Helmut Schmidt, geäußert im Zeitmagazin. 
Thema: Über Kriege im Rahmen der Menschenrechte. Die militärische Intervention, so Schmidt, sei eine Option, in einen internationalen Konflikt einzugreifen. Die Erfahrungswerte zeigten aber, diese Maßnahme habe kaum positive Erfolgsaussichten. Es sei unausweichlich ein Element der „conditio humana“, dass es Grausamkeiten, Verfolgung und Unterdrückung immer wieder gibt. Sie sind da pessimistisch, gibt der Interviewer als Kommentar ab. Schmidt: Die Menschen werden eines Tages einsehen, dass man Gewalt nicht mit Gewalt ausrotten kann.

Van der Loewen mischt sich ein. Er sagt mir durch das Telefon, der Mensch schon, doch ob der Sapiens es sein lassen wird, bleibt zweifelhaft.

Gestern sah ich eine Sendung über Evolution. 
Gezeigt wurde u.a. die langjährige Arbeit eines Bionikers. Er wies im Experiment nach, dass die Evolution mit kleinen Schritten die großen Herausforderungen wagt und meistert. Es seien, so der Wissenschaftler, immer nur kleine Korrekturen gewesen, die die großen Übergänge eingeleitet hätten. 

Diese Einsicht soll hier ihren Platz finden.

So gehe ich mit den Worten von Herrn Schmidt mit.
Bis auf eine kleine Änderung des Vorzeichens.
Eine einfache Erkenntnis sei eingeflochten: es gibt nicht das Leben und auch nicht den Menschen, als statischen Begriff. Die beiden Begriffe sind eingebettet in einen Doppelaspekt, so wie das Licht, es ist immer beides, so wie es ist und so wie es werden wird. Beides. 

Nicht nur seit Darwin ist Leben doch von dieser Einfältigkeit befreit.

Schaut man genau hin, so ist ein klitzekleiner Unterschied zwischen der Spezies Sapiens und dem was er beabsichtigt zu werden, dem Menschen, festzustellen.

Die "conditio humana" wird von der Spezies Sapiens als naturgegebene Legitimation von Gewalt gegenüber anderen Lebensformen benutzt. 

Die "conditio humana" wird von der "Werdens Seite" der Spezies, von der Entwicklungsebene verwendet, von der Seite also, was werden soll, um sich von der Gewalt gegenüber anderen Lebensformen loszubinden.

Insofern haben wir es hier und heute mit einer Spezies zutun, aber mit zwei Entwicklungslinien.

Vielleicht ist der Satz „Sein.... oder .... Nichtsein“ von William, der Satz, der in der Geschichte der Buchstabenwelt der missverstandenste von allen ist." J.G:

15.01.2009

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