"Immer alles sofort und nie aufgeben"
Mit diesem eisernen Pflug wurde sie zu einer der bedeutendsten Ärztinnen des 20. Jahrhunderts.
Ihre herausragende Leistung war das Sprechen über den Tod, am Krankenbett sterbender Patienten, mit krebskranken Kindern, mit Aidspatienten, nicht nur öffentlich zu machen, sondern über die Vor-Ort-Optik der Nahtoderfahrung, Einblick zu bekommen in den Prozess des Sterbens und was das Sterben überhaupt ist.
"Unsichtbare Kräfte, von außen auf das Inneren wirkend, sind am Werke.
Die Idee, das Bild dessen, was werden soll, gibt sich prophetisch zu erkennen."
Der Schmetterling, Wilhelm Hoerner
Nach der Scheidung von ihrem Mann, einem esoterischen Irrweg, einem Neuanfang, einem abgebrannten Haus, wohl Brandstiftung, nach mehreren Schlaganfällen, sitzt sie in ihrem Krankenbett und erzählt, mal auf schweizerisch, mal auf englisch, über das Leben und Sterben.
"Das Raupendasein ist zu Ende.
Eine völlige Neubildung,
eine Wiedergeburt in ganz anderen neuen Formen und anderem Verhalten bahnt sich an.
Im Inneren der erhärteten Puppenhülle geschieht aber das Umgekehrte.
Gewebe und Organe werden zum größten Teil abgebaut,
lösen sich auf und werden dann zu einer strukturlosen,
emulsionsartigen Masse eingeschmolzen."
Wilhelm Hoerner
Umgeben von Bechern, Brot vom Vormittag, einem stumm vor sich hinlaufenden Fernseher, Stapel von Büchern, einem zwischen den Beinen liegend weißen Betttuch, einem vor dem offenen Fenster hängenden Behälter mit Zuckerwasser für kleine Vögel, sagte sie, dass sie von C.G. Jung gelernt habe, dass das Wissen der Kinder in ihren Zeichnung steckt.
„Die Baracken waren voller Schmetterlinge,
eingekratzt in Todeswände.
Kinderhände.“
J. G:
Bei einem Vortrag in einem Hörsaal einer Universität in der Schweiz sagte sie, dass am Ende eines Lebens zwei Dinge für den Menschen bedeutsam sind. Zum einen ein Moment der Liebe, sie erwähnte die Großmutter, die den Enkel nach dem Spielen trotz schmutziger Kleider und einer Rotznase umarmt, und die Stürme des Lebens, die die Wurzeln des Baumes, der man ist, wachsen lässt.
"Ich glaube, niemand hat bisher über der Schmetterlingslarve Histolyse in der Puppe geschrieben, die das Interessanteste von allen ist. Ich habe das Wunder beobachtet! Eine Puppe von Meloé proscarabaeus (Maiwurm), die auf meinem Schreibtisch lag,
bewegte sich und gab einen Laut von sich."
August Strindberg, 11. Oktober 1903
Auf dem Krankenbett lernte sie einen Heiler kennen. Er sagte, hier nimm den Spiegel, schau dich an, es lehrt dich Selbstliebe, anders als der eitle Blick in den Spiegel.
Und er brachte ihr das Wort „Surrender“ ans Krankenlager. Schwer für sie, denn sie gab niemals auf und lies sich nichts sagen. Vor der Konfirmation schlug der Pfarrer ihr eine Ohrfeige. Daraufhin warf sie ihm das Gesangbuch an den Kopf. Der Vater, ein sehr strenges Familienoberhaupt, musste anschließend zur Schulpflege kommen.
Doch entgegen allen Erwartungen gab er dem Kind Recht und nahm sie von der Schule. Später dann, ihr Mann ein sehr gut aussehender Amerikaner, mit dem sie zwei Kinder hatte, stellte ihr eines Tages ein Ultimatum, Familie oder die Arbeit. Sie antwortete: Ich weiß, wohin ich gehöre. Ihr Mann, um den sie alle beneideten und den alle in der Familie mochten, wurde nach der Scheidung herzkrank und starb kurze Zeit später.
"Ich öffnete sie und fand nur einen gelben Schleim.
Aber unter dem Mikroskop war, weiß in gelb, die Skizze zum künftigen Käfer zu sehen,
doch nur wie ein projiziertes Bild auf einem weniger hellen Hintergrund."
August Strindberg 11. Oktober 1903
Nach dem Wesen des Todes gefragt sagte sie sitzend im Krankenbett, dass der Tod das Aufbrechen des Kokons sei. Da hätte sie keinen Zweifel. Und das sie nicht wiederkommen will. Stattdessen sei ein Tanz durch die Galaxien vorgesehen.
© April 2008 by J. G:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen