Freitag, 23. August 2024

über sich


Bin ich nicht 
der dunkle Kern
 der sehnsüchtig mit seinen Wurzeln nach innen eilt
um aus dem Felsen der großen Nacht Wasser zu trinken
  
Bin ich nicht 
das blättrige Geschöpf
das von innen kommend hinaus zu den Winden eilt

Bin ich nicht 
das köstliche Gewächs
das in seinem jungen Verlangen Erde so üppig begrünt 

Bin ich nicht 
das Licht
das Sonne in sich selbst gebiert

 ©   by  J. G:

Donnerstag, 22. August 2024

Tagesration



Leben


Auf der Reise durch die Landschaft der Ebenen und Täler, der Reise mit des Tages Kamel, dem kleinen Zelt und der Tagesration Wasser und Brot, bemerkt man am Abend vor dem kleinen Feuer archaischer Sedimente das junge Erleben in den Händen, den lichten Aufschein des unendlichen Kommen und Gehens, dieses wundersame Hineingeboren in den ewigen Lichtsatz der Erscheinungen. 

Kleine Sand-Körnchen sind es in den Taschen, kleine unscheinbare Gewichte, uralte Erinnerungen, die sich nicht als vergangen fühlen, eher als eine unentwegtes Hierseins.

Ein offenes Geheimnis, welches hinter dem Herzen täglich zur wassergrünen Quelle der Silben aufsteigt.

Die Kehle bewässert, drängt es zu den Kieseln, will im Vertrauen am Küchentisch, in Cafés, mit Zeilen, Liedern und mit Punkt und Strich erzählen, was erlebt wird in dem lichten Schein der Tage und Nächte

In ihrem Spiel erinnern Kinder unablässig an jenes versunkene Reich inmitten der erwachsenen Welt, offenbaren sichtbar für die Welt das Gefühl jener wundersamen kleinen Steinchen..


 ©   by  J. G:

Donnerstag, 15. August 2024

An der Weide halten wir

Glashell die Nacht 

 Licht atmet aus.

Körper.

Entflammt.

Der gottlose Abstieg in die göttliche Materie.

Empfängnis.

Auf der Handbremse in der Mitte der Konsole 

zwischen den beiden Vordersitzen 

der Schoß 

offen wie ein junges, aufbrausendes Meer. 

Delphine.

Trunken im herrlich engen Ozean aus Blech und Armaturen.

Mit gespannter Haut 

springen sie hoch über die Instrumente des Automobils.

Wilder Honig an den Scheiben.

Die Weide lebt.


 ©   by  J. G:

unverschämt schön


 

"Immer alles sofort und nie aufgeben"



Mit diesem eisernen Pflug wurde sie zu einer der bedeutendsten Ärztinnen des 20. Jahrhunderts. 


Ihre herausragende Leistung war das Sprechen über den Tod, am Krankenbett sterbender Patienten, mit krebskranken Kindern, mit Aidspatienten, nicht nur öffentlich zu machen, sondern über die Vor-Ort-Optik der Nahtoderfahrung, Einblick zu bekommen in den Prozess des Sterbens und was das Sterben überhaupt ist.

 

"Unsichtbare Kräfte, von außen auf das Inneren wirkend, sind am Werke. 

Die Idee, das Bild dessen, was werden soll, gibt sich prophetisch zu erkennen." 

Der Schmetterling, Wilhelm Hoerner

 

Nach der Scheidung von ihrem Mann, einem esoterischen Irrweg, einem Neuanfang, einem abgebrannten Haus, wohl Brandstiftung, nach mehreren Schlaganfällen, sitzt sie in ihrem Krankenbett und erzählt, mal auf schweizerisch, mal auf englisch, über das Leben und Sterben.

 


"Das Raupendasein ist zu Ende. 

Eine völlige Neubildung, 

eine Wiedergeburt in ganz anderen neuen Formen und anderem Verhalten bahnt sich an. 

Im Inneren der erhärteten Puppenhülle geschieht aber das Umgekehrte. 

Gewebe und Organe werden zum größten Teil abgebaut, 

lösen sich auf und werden dann zu einer strukturlosen, 

emulsionsartigen Masse eingeschmolzen." 

Wilhelm Hoerner 

 


Umgeben von Bechern, Brot vom Vormittag, einem stumm vor sich hinlaufenden Fernseher, Stapel von Büchern, einem zwischen den Beinen liegend weißen Betttuch, einem vor dem offenen Fenster hängenden Behälter mit Zuckerwasser für kleine Vögel, sagte sie, dass sie von C.G. Jung gelernt habe, dass das Wissen der Kinder in ihren Zeichnung steckt.


 

„Die Baracken waren voller Schmetterlinge, 

eingekratzt in Todeswände. 

Kinderhände.“ 

J. G:

 

Bei einem Vortrag in einem Hörsaal einer Universität in der Schweiz sagte sie, dass am Ende eines Lebens zwei Dinge für den Menschen bedeutsam sind. Zum einen ein Moment der Liebe, sie erwähnte die Großmutter, die den Enkel nach dem Spielen trotz schmutziger Kleider und einer Rotznase umarmt, und die Stürme des Lebens, die die Wurzeln des Baumes, der man ist, wachsen lässt. 


 

"Ich glaube, niemand hat bisher über der Schmetterlingslarve Histolyse in der Puppe geschrieben, die das Interessanteste von allen ist. Ich habe das Wunder beobachtet! Eine Puppe von Meloé proscarabaeus (Maiwurm), die auf meinem Schreibtisch lag, 

bewegte sich und gab einen Laut von sich." 

August Strindberg, 11. Oktober 1903

 

Auf dem Krankenbett lernte sie einen Heiler kennen. Er sagte, hier nimm den Spiegel, schau dich an, es lehrt dich Selbstliebe, anders als der eitle Blick in den Spiegel.

 

Und er brachte ihr das Wort „Surrender“ ans Krankenlager. Schwer für sie, denn sie gab niemals auf und lies sich nichts sagen. Vor der Konfirmation schlug der Pfarrer ihr eine Ohrfeige. Daraufhin warf sie ihm das Gesangbuch an den Kopf. Der Vater, ein sehr strenges Familienoberhaupt, musste anschließend zur Schulpflege kommen. 


Doch entgegen allen Erwartungen gab er dem Kind Recht und nahm sie von der Schule. Später dann, ihr Mann ein sehr gut aussehender Amerikaner, mit dem sie zwei Kinder hatte, stellte ihr eines Tages ein Ultimatum, Familie oder die Arbeit. Sie antwortete: Ich weiß, wohin ich gehöre. Ihr Mann, um den sie alle beneideten und den alle in der Familie mochten, wurde nach der Scheidung herzkrank und starb kurze Zeit später.

 

"Ich öffnete sie und fand nur einen gelben Schleim. 

Aber unter dem Mikroskop war, weiß in gelb, die Skizze zum künftigen Käfer zu sehen, 

doch nur wie ein projiziertes Bild auf einem weniger hellen Hintergrund." 

August Strindberg 11. Oktober 1903

 

Nach dem Wesen des Todes gefragt sagte sie sitzend im Krankenbett, dass der Tod das Aufbrechen des Kokons sei. Da hätte sie keinen Zweifel. Und das sie nicht wiederkommen will. Stattdessen sei ein Tanz durch die Galaxien vorgesehen.


 ©  April 2008  by  J. G: 

Mittwoch, 14. August 2024

wilde pferde

in deinem grünen felsenschoß

honigsüß

der warme strom

mit ihm umschmiegst du

all das

galloppierende sehnen

 

im pflücken

der reifen frucht

leuchtet der große leib

vor dem tag

erwacht

unsterbliches

 

o morgenröte

geliebte

du bist es

im goldenen flug

küsst du die rote mähne

am hellen strand



 ©   by  J. G:


sapiens revue

„Die alten Kaiser besetzten das öffentliche Wort negativ.  Die Neuen machen das auch. Mit Macht. Der Mensch soll tunlichst seine sterbliche ...