„Geschärft sind seine Pfeile
Und alle seine Bogen gespannt.
Wie Kiesel sind die Hufe seiner Rosse
Und gleich dem Sturmwind
Die Räder seiner Wagen“
Jesaja 5,28
Vor mehr als zwanzig Jahren bekam ich ein Buch in die Hände. Ein Buch über Kulturgeschichte der Aborigines in Australien. Von ihnen wird gesagt, dass sie ihre Kultur schon über 60.000 Jahre schriftlos in sogenannten „songlines“ überliefern.
Mein halbes Leben sind mir philosophische Fragen auf den "Versen", „woher komme ich“, „wohin geht es“, und vor allem, „wer sind wir" in all dem kosmischen Reigen.
Die Kultur der mündlichen Überlieferung fasziniert, das gesprochene Wort, der Klang, die Bedeutung des Rituals in dieser Lebensart..
Die Aborigines, so steht es am Beginn des Buches von Robert Lawlor, betrachten den Lebenslauf als einen ewigen Fluss von Zeremonien, Tänzen und Ritualen, in denen sie das Leben selbst und seinen geheimnisvollen Ursprung feiern.
Wenn die Kinder in dieser Kultur in der Reifezeit sind, sie größer werden, reifen, ihren Eltern fast auf den Kopf spucken können, dann werden sie eines Tages Teil einer Initiation.
Die Kinder der Aborigines leben in diesem Ritual für einen Tag und für eine Nacht, bis zum nächsten Morgen, in einer Hütte.
Tanten, Onkel und Paten der Eltern in dem Dorf tanzen und singen mit Klagelauten und Gesängen einen Tag und eine Nacht um die besagte Hütte.
Mit ihren Liedern beklagen die Tanten, Onkel und Paten das "Ableben", den "Tod" der Eltern der Kinder, die in der Hütte den Gesängen lauschen und zuhören.
Da die Kinder in der Hütte noch Kinder sind, wenn sie die Hütte betreten, glauben sie, je länger die Wehklage dauert, dass ihre Eltern wirklich gestorben sind. Das Ritual dauert so lange an, bis das halbe Dorf, das inzwischen um die Hütte versammelt ist, bis sie alle das Jammern, Weinen und die Wehklage der Kinder in der Hütte hören. Erst dann ist das Ritual erfüllt und das Geheimnis des Lebens in ihnen überliefert.
Der neue Tag.
Die Hütte öffnet sich und vor der Hütte stehen die Eltern der Kinder und drum herum das halbe Dorf.
Voller Freude stürzen die Kinder, die „erwacht sind“, mit ihren Tränen in die Arme ihrer Eltern.
Erst jetzt, mit den ersten Sonnenstrahlen, finden die Kinder sich von der Wärme des Tages eingesegnet in die Freude, die Fülle und in die Verantwortung eines eigenständigen Lebens.
„SICH SEHEN“ – das Abenteuer beginnt.
„das Werk ist vollendet,
sie entdeckten diese Weite selbst,
auf der ein Deckel liegt“
Riga Veda V.29.12
Johan van der Leeuwen
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