Montag, 25. März 2024

23. März

 9 Uhr auf dem Markt bei Sonnenschein.

Es ist kühl, erfrischend.

Kleiner Einkauf, ein Liter Olivenöl bei dem Olivenhändler in dem kleinen Wagen, unweit des Bahnhofs.

Er erzählt von dem Bauwerk Angkor Wat, an dem Handwerk zu besehen ist, das hochtechnisiert hergestellt sein müsste, bemessen nach unseren heutigen Maßstäben. 

Doch die gab es damals offensichtlich nicht


Staunen.


Diese kurze Geschichte, mit allen Auslagen von Schafskäse und Oliven vorgetragen, veranlasste mich, ihm meinerseits von einer Erzählung zu berichten, die ich vor einigen Monaten gelesen hatte.


In dieser Geschichte nimmt ein Artefakt eine besondere Rolle ein.

Es handelt sich um eine Tonscherbe, gefunden unweit des Südpols.


Sie verweist auf eine sehr frühe mentale Kultur, die das mündlich tradierte Wort in ihrer Gesellschaft offensichtlich hoch bewertete. In dieser Gesellschaft wurden Tongefäße hergestellt, wie in vielen anderen Kulturen, versehen mit besonderen Zeichen, Linien, Strichen und Farben.


Jedoch wurde dieses Tongefäß in einem öffentlichen Ritual, so in der Geschichte erzählt, absichtlich zerbrochen.


In der Erzählung beruft eine Akademie einen älteren Mann zu sich in die Runde kluger Häupter, die archäologisch Bedeutung dieses Artefaktes schlüssig zu bewerten. Sie selbst jedoch sieht sich als staatlich kulturelle Einrichtung ausserstande dieses befriedigend zu leisten.


In der Beurteilung kommt der Mann in der akademischen Runde zu der Vermutung, dass es eine frühe mentale Kulturgemeinschaft gegeben haben könnte, eine sehr frühe, die mündliche Überlieferungen höher bewertete, als das in Ton Gezeichnete und Eingebrannte in einem Gefäß.


In der Deutung dieses Rituals wird ein historisch bedeutsamer Aufgang gezeichnet, dass das im Wort mündlich Überlieferte eine sehr tiefe Wirkung erreicht für die Kommunikation, für die mentale Entwicklung von Leben.


Es scheint der Klang des Wortes, seine weitreichende Schöpfung für den Fortgang von Leben zu sein. Es ist dieser Klang, der tiefer ins Lebendige, tiefer eindringt in das zu Erinnernde von Herkunft und Gegenwart, als das nur zwei oder dreidimensional Begrenzte, die aufgemalten und in Ton eingebrannten Zeichen.


Das mündlich tradierte Wort, das seit Anbeginn pulsierende Kleinod im Ton, bezeichnet als die Erde unter den Füßen, das hatte, nach der archäologischen Gewichtung dieser Tonscherbe in jenem akademischen Forum, so der Einlass des alten Mannes in der Geschichte, eine über die Generationen weitreichenden Tenor, den es unbedingt, für das, was Leben ist, zu aufzuheben gilt.


Um welches Kleinod handelte es sich?


In dieser Erzählung, ich erinnere, wird indirekt die Unterscheidung zwischen dem festgeschriebenen und dem über Generationen mündlich überlieferten Wort ins Licht des Lesers  gestellt


Wie kommt eine mentale Kulturgemeinschaft in einer tausende Jahren zurückliegenden Zeit dazu, einmal bedeutende, rechtlich auch womöglich verbindliche Zeichen, eingebrannt in einem rituellen Tongefäß, absichtlich und öffentlich wieder zu zerbrechen?


Ja, was, fragt man sich?

Was ist das für ein Ritual?

Zu schaffen, um es dann wieder zu zerbrechen, mit einer Absicht?!


Spricht der Autor dieser Erzählung die Poesie des Unsterblichen im Sterblichen an, das Ewige im Vergänglichen, das Unendliche im Endlichen, das Hellauf im Sein, das stille Wunder, das Werden im Kommen und Gehen, das lebendig beheimatet ist in allen physischen Herzkammern, das über dieses Ritual sich lebendig erinnert, für wahr genommen mündlich aufflammt, wenn ankündigt der Wandel selbst das Festgeschriebene wieder zerbricht und dem Klang im Ton erneut das Wort lebendig in die grüne Kehle reicht?


Ja.


  ©   by  J. G:





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