Donnerstag, 31. Mai 2018

Madame


es ist Pfingsten
ein anderer Duft

 - wilde möhre
braune Honigbiene -

die Uhren laufen hier anders, 
weiß Gott nicht erst am Mittwoch, dem verordneten Tag der Besserung und der Anrufung, war ich wieder Zuhaus. Spät in der Nacht aß ich altes Brot mit Butter und Salz. Heimat auf den abgewetzten Zähnen.

Die Art der Fügung, eine Präposition, immer ein um, ein dazwischen oder ein auf und davon.
Heute, an diesem Tag des Aufsteigens, jedoch mehr ein empor nach tief, als nur hoch und immer wieder weg.
Wunderbar schief und brüchig diese Welt.
Ach, lassen wir den Schauspielern ihre waagerechten Bretter und ihr so dramatisch mit Pathos vorgetragenes wohin, wohin nur? 
Bleiben wir bei der schiefen Bahn, Madame, der schönen Ebene nach dem geöffneten Raum.

Das Wunderbare an der schiefen Ebene, Madame, sie hat einen Steinbruch als festes Zuhause. Jeder Stein ein Bruch und jeder Bruch ein Gott, so der große italienische Bildhauer Buonarotti. 
Wunderbar schief und brüchig diese Welt. 
Da hören wir plötzlich andere Töne, hören anderes im Abendland, hören nicht nur immer diesen eisernen Ton der Posaunen von den Wehrtürmen.
Ein 2000-jähriger Hörsturz endet hier glücklich. Die Kanzelsteher predigen alle wieder zu ebener Erde und hören wieder auf den Organisten, was er schon Vortags an die unverputzten Gotteswände schreibt.

Psalm 1
Sei willkommen in der Materie, 
sei willkommen im Erdenpalast.
In der Höhe, so in der Tiefe.
Im Bogen, wie in der Geraden.

Madame, die Homöostase hat ihren Betrieb wieder aufgenommen. Jetzt haben wir ein inneres Organ, das sich verlässlich um das Ganze kümmert. Auf sie ist Verlass. Kein Hohn mehr in den Primatenkehlen, kein Produktivitätszuwachs mehr für das alte Irrenhaus.

O Madame, ein Leben, das bewusst sein will, was für eine Aussicht, 4, die 5 sein will, Licht will spenden, Eros, die 9 sein will. Was für ein Standort für die Venus.

Dort, auf dem Platz des Himmlischen Friedens brauchen die Alten und Müden keine Schlaf- und Herztabletten mehr, die Kleinen keinen Zucker und das Wattenmeer keine Fotokopien.

Madame, mir fällt auf, das sie ihr Wissen nicht mehr unterschlagen, das gefällt mir, es ist ihr Wissen, ihr Fragen, ihr Festmacher am Kai. Sie lachen Madame, sie haben Grund zur Freund.

Sie wissen ja, unser Ich hebt noch im Todesschlaf das Medusenhaupt, bereit, die ewige Seele zu erschlagen. Madame, lassen wir uns von der streng vorgetragenen Logik des Kopfes nicht länger porträtieren und in eine zweifelhafte Legierung wälzen.

Winkt hier doch nur die aller erste Selbstbetrachtung der Materie, eine Premiere am zweifachen Kai, adieu du mein lieb Heimatland. Hier verlassen wir die mathematischen Ufer. Zum Abschied dann, Madame, ein Blick durch den Spiegel der Schiffskabine auf halbe Welten. Erst hier kommen die Flügel hinzu.

Sie haben Recht Madame, ein Wiedersehen, das ist schon was, damit wir wieder einmal Zeuge werden, wie das Unwahrscheinliche wahr wird. In ihren Armen kündige ich das Abonnement auf jegliche Wiederholung Madame.

Ach Madame, da ist die Freude groß und das Herz weit, da antworten die strapazierten Sinne nicht länger auf die eilfertigen Diener der Denkprimaten, da überhört man einfach das Pochen an die äußere Tür, da bleiben die Kunden der Zeit draußen, kein Anruf, keine Korrespondenzen, da ist einfach nur Ruhe im Karton, auch Ruhe in den verschlungenen Arkaden des Schlafes, und Madame, lassen sie es auch nicht mehr zu, dass man ihren Lebensschritt nachäfft, auch nicht mit seltsamen Träumen."

  ©   by  J. G:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

überaus

 still ein blatt im wind   ©   by  J. G: