zieht von unten ein
das
mädchen traute sich an diesem morgen
nicht
ihr kaninchen zu verkaufen
die
menschen reden wieder miteinander beim einkaufen
z.b.
„kommt der salat aus dem treibhaus?“
oder
„haben
sie noch büchsenfleischaus argentinien?“
auch
„sagen sie, ist die h-milch alle“
kommt vor
im
1. stock des weißes hauses zurzel ich
mit
meinem kanarienvogel
gebe ihm abgelaufenes leitungswasser
stecke
ihm ein stück marienapfel an
seinen käfig
gehe dann zum briefkasten und
erinnere
reden zum feiertag
morgen
ist himmelfahrt
lang
hingegstreckt
mit beiden händen unter dem flurschrank tastend
bemerke ich eine zunehmende heiterkeit
in
meinen händen
besonders
auffällig vor verordneten feiertagen
ich
nehme meine fünf homöopathischen tropfen
in
der nicht ganz eingestandenen absicht
morgen
höher zu reisen als all die anderen
dabei
komme ich beinahe um
hänge
mir schnell eine damenhandtasche
um
meinen ehrgeiz
male mir die lippen flüchtig
scharre
mit den vogelkrallen
picke nach liebe
ducke
mich mehrmals und gebe dem käfig vor dem hoffenster
einen
unbewohnten zustand
vielleicht
sollte ich eine krawatte tragen
und
sie mir von einer frau aussuchen lassen
ich
denke an einen balanceakt
einen
geburtstag mit herzen und schreienden kindern
am
nachmittag dann versuche ich es dann mit einem seiltanz
ich
stecke zwei dinge in die jackentasche
zwei
dinge
die mir wichtig sind
meinen
hausschlüssel und meine korrekturflüssigkeit
ich
nehme mir vor
nicht
danach zu suchen
falls
ich eines der beiden verlieren sollte
auf
dem weg zum wochenmarkt
verliere ich beide
um
halb drei
erzähle
ich alles der dicken buchhändlerin
sie
gibt mir ohne viel zu fragen ihren hausschlüssel
und
meint
ich soll es mal mit auf der „stange sitzen“ probieren
das
sei erfrischend
weitsprung
ist seit tagen behördlicherseits verboten
sodass
ich erstmal klein anfangen muß
am
späten nachmittag dann
in
der seitengasse
im
5. stock dann das wunder
der
schlüssel passt nicht
auch
nach der dämmerung betritt kein mensch das haus
im
dunklen treppenhaus ziehe ich meine schuhe aus
und
renne vom 5. stock hinunter zu den briefkästen
in
allen briefkästen stecken noch die briefe und zeitungen vom
tage
ich
breche krüger´s briefkasten auf
haste
nach oben
im
3. stock
drücke
ich auf die klingel
lange,
sehr lange
ich
lege mein ohr an die tür und höre
kein
mensch öffnet
auf
der fensterbank dann öffne ich den ersten brief
„mein
geliebter
ich
vermisse dich sehr
lachend
bist du fort
ich
blieb allein im leeren foyer
in
dieser stille floß noch einmal das warme oel deiner silben
über
meine heiligen hügel
im
hotelzimmer noch wollte ich davonrennen
einfach
weg, nur um keinen abschied zu nehmen
doch
unten dann, unten im leeren foyer, neben dem leise atmenden
fahrstuhl, fühlte ich den millionenalten basalt deines
verschwundenen reiches durch meine jungen hände fließen
der
gebänderte stein kühlte meine wangen und taubstumm
sang
ich an der blauen sculptur des ersten morgen
o
wunder deiner liebe
an
der reception stand ich neben dir
zahlen
die
telefonrechnung
ich
sah noch, wie dich deine reisetaschen
krumm
zogen
dein blick
eilte
an meinem beben vorüber
wie
damals an den mächtigen mauern der bastille
die
hoteltür sprang auf und
du
brachst mir mit dem gelben mond des portiers
das
letzte stück stolz aus meiner wunderliebe
herz
noch frei
da
stand ich
in
der großen hotelhalle
und
seelenstoff strömte kühl durch meinen liebespalast
der
basalt schwankte im luftzug der hoteltür
und
meine fußspitzen
küssten
leis den lehmhimmel
bye
das
salz der nacht loste mich aus
ich
stürzte aus der hotelhalle, flüchtete
aus
der alten, verlassenen stadt
wollte
dir nachschauen
nur nachschauen
du
fuhrst an mir vorbei
und
deine grünen augen
zogen
ozeanisches licht
unter
meinen füßen auf
zwei
seitenstraßen später dann
saß
ich schräg in meinem auto, hörte laute meldungen über illegale
grenzübertritte und brüllte mit den armaturen
nimm
mich mit
o geliebter
nimm mich mit
auf
der fahrt durch die stadt verpackte ich alle autos,
fußgänger,
kinder,
alte frauen in rosarote seifenblasen.
verkehrschaos in
meinem versorgungssystem.
meine lunge schrie nicht mehr nach luft,
alles gab jedem die hand.
stunden
später stand ich in der innenstadt
in
einer endlosen autoschlange und fühlte
zittrig
heimat
in
all diesem rosa gewimmel und getöse
von
farbe, blech und junger liebe
das
salz der großen patriarchalischen nacht
meine
hände lösten sich vom lenkrad,
ja, jetzt
wo
ich dir diese worte schreibe, reißt meine gegerbte haut
der
silhouette sprung aus der mächtigen nacht
zeichnet
einen hellen bogen
aus meiner lebenslinie,
ich sehe noch einmal
wie
der sichelmond in meinen wassern tanzt,
fühle
wie
du mit deinen schwarzen händen das junge salz
aus
meiner quelle schöpfst
spät
dann
parkte
ich dann endlich vor meinem haus
hastete
die treppen nach oben
stürzte
mich in den platzregen
streckte
mich weit
weit
nach unten
in
liebe
dein
katharina
p.s.
von
einsam gibt es keine steigerung
mir
fällt nur vakuum und seifenblasen ein
ruf
mich dienstag abend an unter
473788“
es
ist dunkel geworden im hausflur
ich
falte den brief sorgsam und schiebe ihn
mit
kalten händen in den umschlag zurück
dann
nehme ich den zweiten brief von der fensterbank
öffne
ihn
„werter
herr krüger
am
kommenden mittwoch ist es mal wieder soweit
unser
posauenchor tritt nach der winterpause
erstmals
wieder zusammen.
wir
treffen uns wie gewohnt
um
19.30 uhr in der st. katharinenkirche
unsere
vorbereitungen gelten den konzerten
in
den pfingstwochen
folgende
werke sind in der planung
franz
list
petrarca
sonnet nr. 104
robert
schumann
kinderszenen
op 15
johann
sebastion bach
sonate
a-dur ffür flöte und cembalo
bwv
1032
vivace
- largo e dolce – allegro
johann
sebstian bach
konzert
a-dur für cembalo
bwv
1053
allegro
– lerghetto – allegro ma non tanto
johann
sebastian bach
kantante
63
2.citativo
alto
o
sel´ger tag o ungemeines heute
ich
würde sie bitten ihre eigenen notenblätter
mitzubringen,
da meine nur in begrenzter anzahl vorrätig sind
ich
verbleibe mit freundlichen grüssen
chorleiter
feininger“
die
haustür fiel ins schloß
der
brief fiel mir aus der hand
J.G: