Seit gut 60 Jahren ist die Öffentlichkeit im Besitz eines außergewöhnlich Bildes.
„Liegt von der Erde
erst einmal ein aus dem Weltraum aufgenommenes Photo
vor...
wird das einen der größten Umdenkungsprozesse
der Geschichte auslösen.“
Fred Hoyle
Anfangs waren es Militärpiloten und Personen
der militärischen Sicherheitsabteilungen der Sowjetunion und Amerikas, die
diese Ansicht zur Verfügung hatten.
Heute, 60 Jahre danach, ist das Bild der
ganzen Erde aus dem Weltraum wie auch die Satelliten-und Raumfahrttechnik zur wirtschaftlichen
Triebkraft in der Globalität geworden. Die gesamte wissenschaftliche und
technologische Entwicklung der Telekommunikation der letzten Jahrzehnte findet
ihre Basis in diesem Weltbild.
Außerdem dient es als Symbol für die
weltweite Präsenz der Global Player und läuft mehrmals am Tag und in der Nacht
als Animation über die Screens von Google und Co.
Die Astronauten und Kosmonauten begannen erst
1986 mit dem gemeinsam veröffentlichten Band „der Heimatplanet“ wie auch sich
anschließenden Vorträgen von diesem Phänomen der Ansicht der Erde aus dem
Weltraum mit den eigenen Worten ihres Kulturraumes zu sprechen.
„Es ist unglaublich, was der Mensch da gesehen hat.“
Euklid
Hat sich das Weltbild der Menschen durch
dieses Photo nachhaltig und tiefgreifend verändert?
Und wie ist es mit dem Verhalten, hat sich
das grundlegend geändert?
Die Statistiken und Zahlen der verschiedenen
World Watch Institute, die sich mit dem globalen Zustand der Lebensformen
beschäftigen, sprechen eine andere Sprache. Die Ergebnisse der Konferenzen in
Rio und Berlin und ihre Nachfolgekonferenzen ebenfalls.
Nur recht mühsam und eigentlich zu langsam
passt sich das Verhalten der Menschen an das ökologische Wissen und den
globalen Erkenntnisstand der Forschung an, wie auch an die notwenigen Maßnahmen
zur Renaturierung der natürlichen Lebensbedingungen wie Sozialisierung des
Miteinander von Natur und Mensch.
Die Astronauten und Kosmonauten erzählen uns,
man bekäme ein Gefühl, ja, ein Erleben für das Ganze, wenn man die Erde von oben
sehen würde.
Was ist das überhaupt für ein Gefühl?
„und dann ergriff mich ein neuer gedanke,
der mich aus dem raum in die zeit trug“
francesco petrarca 1336
Haben wir auf den Straßen und in den
Wohnungen auch dieses Gefühl, wenn wir eine Werbeanzeige in der Tageszeitung
sehen, auf der das Bild der Erde abgebildet ist? Sehen wir das Ganze, wenn wir
eine Nachrichtensendung sehen, in der das Bild vor unseren Augen in Sekundenschnelle
über den Screen läuft?
Ja, können wir sagen, wir sehen es.
Aber nehmen wir auch die tiefere Bedeutung wahr?
Die Mona Lisa können wir erleben
in Paris, der Königin von Saba begegnen wir, begibt man sich auf ihre Spuren,
die griechische Kulturgeschichte ist präsent, betritt man die Akropolis. Und
man bekommt ein tiefes Empfinden für das ganze Leben, wenn man sich über die
Wiege beugt, in der ein Baby liegt.
„....die Sache will erlebt sein“, so Erwin
Schrödinger.
In Beschreibungen, Bildern,
Erzählungen, Vorträgen, Videos und Animationen haben viele Autoren versucht, dieses
Phänomen zu beschreiben und im Bewusstsein der Menschen wirksam werden zu
lassen.
Die Weltraumfahrer sagen, du
musst einfach mal selbst dort oben gewesen sein und herunter gesehen haben auf
die Erde, um die Faszination dieses Bildes zu begreifen.
„Wir sind einen
großen Schritt weiter.
Das Ganze lässt
sich jetzt mit einem Blick überschauen.“
Doch wer kann da oben schon
hin?
Das war in den letzten
Jahrzehnten nur wenigen Menschen vergönnt, die als Astronauten und Kosmonauten
ausgebildet wurden.
Geht man von den
persönlichen Erfahrungen und Kommentaren der Weltraumfahrer aus, dann würde es
uns allen sehr gut tun, wenn jeder Mensch die Erde einmal aus dem Weltraum selbst
erleben könnte.
Der Mensch könnte dann nicht
nur das unmittelbare Gefühl wahrnehmen, auf einen Planeten zu schauen, live,
auf dem er lebt und alle anderen Menschen und Lebensformen auch, sondern es
würde sich auch eine Verantwortung in ihm melden, eine Verantwortung für das
Leben, eine Haltung, die nicht von außen kommt, sondern unmerklich von innen aufscheint.
„so dass das Ganze nicht erklärt werden muss,
sondern sich zeigt“
nach Wittgenstein
Wie schaffen wir es
eigentlich, dem Menschen eine Haltung für das ganze Leben an die Hand zu geben,
ohne ihn dabei von außen zu bevormunden, ohne ihm vorzuschreiben, was er dabei
zu denken und wie er sein individuelles Leben zu gestalten hat?
Eine nachhaltige
Bewirtschaftung des Planeten Erde benötigt in Zukunft sicher beides, globale
Verantwortung und individuelle Freiheit.
„Ist Ethik kein Wort,
sondern ein kreative Haltung des Menschen,
so fließt aus allen
emotionalen und mentalen Aktionen
ein Gefühl von Verantwortung.“
Heinz von Foerster
Das ist eine der großen Aufgaben
in einer zukünftigen Wissensgesellschaft, die globale Verantwortung zu
synchronisieren mit der kulturellen Vielfalt individueller Lebensentwürfe.
Ein wichtiger Schritt in der
Gestaltung der Globalisierung ist, dass wir sie nicht nur wirtschaftlich
verstehen, sondern im Interesse der Menschen auch und insbesondere kulturell
kommunizieren.
Ein gewichtiger Beitrag dazu
könnte das hier skizzierte Projekt sein, die Live Ansicht der Erde auf einem
großen Platz den Menschen, frei begehbar, zur Verfügung zustellen.
Die in der
UNESCO zusammengeschlossenen Staaten sollten in dieser Hinsicht ein elementares
Bildungsinteresse haben, der Live Ansicht der Erde aus dem Weltraum den Status
eines medialen Weltkulturgutes zuzugestehen.
Die Welt als Ganzes,
das ist Wissensrohstoff des 21. Jahrhunderts.
Aus diesen Zusammenhängen
generiert sich das neue Wissen und ein neues
Miteinander.“
Es wäre ein integrales
Bildungsanbot an den Weltbürger und ein sehr hilfreiches Moment für den Frieden
in der Welt, für die globale Sicherheits- und Friedenspolitik, die Haltung der
Menschen zur Welt, allein durch diese schöne Aussicht, auf diese Art und Weise
kulturell wie emotional zu anzusprechen.
Die Menschen haben
besonders im letzten Jahrhundert keine guten Erfahrungen gemacht mit großen
Zusammenschlüssen und ihren Ideologien, das ist auch u.a. der tieferliegende
Grund für ihre Skepsis gegenüber dem Format einer Globalisierung.
Solche
Mega-Zusammenschlüsse haben es dem Menschen nicht leichter gemacht, in einem
freien Umfeld kreatives Potential für eine humane Gesellschaft von unten nach
oben zu entfalten. Vielmehr schränkten sie die Entwicklungen neuer Lebens- und
Wirtschaftsformen immer wieder mit starren sozialen und politischen Regelungen
drastisch ein. Das Wiederaufflammen solch starrer Ideologien in den heutigen
Tagen ist ein ebensolcher Versuch, die kreativen Ansätze von der Lösung der
gewichtigen Fragen der Weltgemeinschaft fernzuhalten.
Umso wichtiger scheint es zu
sein, dass Ideen, Vorstellungen und Projekte auf die sensiblen Erfahrungen der
Menschen mit großen Zusammenschlüssen eingehen und Rücksicht nehmen.
Nach der Entdeckung und Nutzung dieser Erd-Ansicht von Seiten der Militärs, der Wissenschaft und der Wirtschaft wird es Zeit, dass diese Perspektive dem sozialen Kulturraum in aller Öffentlichkeit als mediale Konstante, einer Wahrnehmung des "sich Sehens", zur Verfügung gestellt wird.
Wie sollen die Menschen in
ihren Weltanschauungen, Konfessionen und Lebensarten den Übergang in die
globale Gemeinschaft der Nationen sozial bewältigen, wenn sie bislang noch
nicht einmal großräumig das Original, live, über einen längeren Zeitraum betreten
und erleben konnten.
Die historische Bedeutung dieser Ansicht
liegt in seiner Unumkehrbarkeit. Der Mensch lebt, seit es dieses Bild gibt, in
EINER Welt. Es handelt sich dabei nicht mehr um eine perspektivische Ansicht
der Welt, sondern um eine a-perspektivische, so wie Gebser es in seinem Buch
„Ursprung und Gegenwart“ beschrieb, eine Ansicht, die das „Ganze“ als Synonym
für die innere Zusammenhänge der Welt zur gemeinsamen Voraussetzung für den
Entwurf einer neuen, friedlichen Welt macht.
Diese Erfahrung „selbst“ zu machen, dies muss
dem Menschen ermöglicht werden, so wie es die Astronauten und Kosmonauten
erleben.
„Selbst sehen“, dieser Akt unmittelbarer
Erfahrung hat eine zentrale Bedeutung auf den historischen Verlauf der
Geschichte, sowohl für den Erkenntnisprozess wie auch für die kreative
Gestaltung des individuellen und gesellschaftlichen Lebens. So wie z. B. vor
500 Jahren der Buchdruck dem Menschen es ermöglicht hat „das Buch“ selbst zu
lesen.
Unter den politischen wie wirtschaftlichen
Voraussetzungen der Globalisierung ist es für den Kommunikationsprozess der verschiedenen
Kulturen von großer Bedeutung, den zentralen Platz der allgemeinen
Weltanschauung „selbst“ zu betreten, um sich am Gespräch und an der Gestaltung
souverän wie kreativ beteiligen zu können.
„To open a space for the
other“ Maturana
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