Trommelwirbel aus
dem Orchestergraben.
Wer den Ort des
Geschehens weiterhin im Gehirn allein sucht, sucht vergeblich, kreist im alten
Weltbild wie die Sonne um die Erde,
wie ein altes Zirkuspferd um den
dickbauchigen Direktor.
„Meine Wohnung hat jetzt eine neue Küche. Zwei
Lichtschalter fehlen noch. Vielleicht sollte ich mich beeilen. Doch in diesem
Moment, zwischen zwei Schritten, von einem Fuß auf den anderen, komme ich mir
so vor, als würde ich derzeit nur vitaminarme Blätter essen und wie das
Faultier morgens in der Früh die paar Meter vom Badezimmer in die Küche zwei Tage brauchen.
schreiben
das alles aufschreiben
was es ist
nicht zu glauben
das leben
ich weiß nicht
und dann noch gott
und alles mit diesem hirn
was is mit den buchstaben
ne
ich weiß nich
vielleicht so was
wie bestäubung
Im Schützengraben des freien Lebens sprengte Alfred Jarry mit seinen
Schriften, seinen Theaterstücken und seinem eigenen Arsch den Weg frei für all
die Künstler, die Anfang des 20. Jahrhunderts zusammen mit den Entdeckungen der
Physik damit begannen, die Welt aus ihren unbewussten Angeln zu heben.
Mit seinem König Ubu, schlug er das klassische Theater kurz und klein.
Es sollte, was damals noch keiner ahnte, der Geburtsschrei einer neuen, einer
von bürgerlichen Konventionen enthemmten, individuellen Darstellungen von Leben
sein.
Jarry klingelte bei seinen Radtouren nicht mit einer Klingel, sondern
gab dafür Revolverschüsse ab. In das Cafe stürmend rief er:
„Ist das
nicht schön wie Literatur“ Alfred Jarry 1873 – 1907
So verlegte er kurzerhand die Passion
Christi in ein bergauf führendes Radrennen mit dem heiligen Matthäus als
Sportreporter und einem Radchampion Jesus, der von der zwölften Kurve ins
Jenseits befördert wurde.
„alles ist weit
größer und heller
als man am schwarzen Ort des grammatischen Geschehens
überhaupt ahnt“
Der Korken für das 20. Jahrhundert war aus der Flasche und all die
großen Angsthasen und Liebhaber des ungebundenen Lebens, all die Taugenichtse
und Nachtigallen der Boheme, all die konservierende Spreu der Räsonierer, all
die Klugscheißer mit ihren peniblen
Bleistiften, ihren malerischen Stummelschwänzchen und alkoholisierten
Wagenladungen von Revolutionen, wagten sich in den Jahren danach aus ihren
kleinbürgerlichen Verstecken, aus ihren verschulten Schreibstuben, ihren kalten
Ateliers, malten, schlugen, kratzten und schrieben sich mit ihren elend hellen
Brüchen nieder in das Ringbuch der Welt.
Es ist Frühling.
Verzeihen sie, die Nähe.
Doch die Offenbarung der
Kindheit will verraten sein. Nicht erst nach Schicksalsschlägen. Es sind jene
hellen Stunden, in denen die Erde in allem erblüht und das hingeworfene Leben
von innen aufscheinend erkennt,
warum es strahlend in diese Welt entbunden
ist.
Ich war neun, als ich
abends wieder einmal zum Erschrecken meiner Eltern und zum Vergnügen meiner
drei Geschwister mit beiden Händen auf die Ohren gepresst auf dem hellbraun
gemusterten Sofa in der Küche saß. Meine Eltern waren auch in der Küche, um das
Abendbrot anzurichten, meine Geschwister, kichernd im Kinderzimmer. Durch die
offene Tür des Kinderzimmers konnte ich sehen, wie sie mir mit vor Albernheit
platzenden Gesichtern versuchten, rettende Zeichen zu geben.
J. G: